Gäste wie alle anderen auch

KLEVE. Manche Geschichten beginnen mit einer Mail …
„Guten Tag […], Ich wende mich hilfesuchend an Sie, da wir Nachbarn des Geefackers in Kleve uns nicht mehr anders zu helfen wissen. Wir schreiben seit Jahren […] den Chef des Ordnungsamtes an, da die Traveller (Pavee) wild ihre Notdurft auf dem Bahnhofsgelände verrichten und uns Anwohnern dann das benutzte Klopapier in die Gärten flattert. Mal abgesehen davon, dass es sich um einen Wohnmobilplatz handelt und sie mit ihren Wohnwagen die Womobesitzer vertreiben, ist es auch für Fußgänger […] ein Martyrium, da die Kinder alle Leute anfassen und ihnen notfalls vor den Augen auf die Wiese kacken. Ich verfüge auch über Fotos, die das belegen. Ich hatte den Herrn van Hoof darüber informiert, aber es interessiert weder ihn noch unsere Bürgermeisterin. Vielleicht können Sie uns […] unterstützen, denn meine schwangere Nachbarin traut sich mit ihrer Tochter nicht mehr zum Spielplatz, geschweige denn zu Fuß in die Stadt.“

Inaugenscheinnahme

Ortstermin mit Fotograf: Auf dem Wohnmobilstellplatz ist nichts Besonderes zu entdecken. Die abgestellten Mobile machen einen guten Eindruck. Warum sollte, denkt man, jemand, der in einem solchen Mobil wohnt, seine Notdurft auf einer für jeden einsehbaren Wiese verrichten? Kinder, die einen anfassen? Fehlanzeige.
Ortstermin mit dem Leiter des Klever Ordnungsamtes, Ralph van Hoof. Eine andere Sicht der Dinge. Ja, es sei richtig, dass die Iren nicht mit Wohnmobilen sondern mit Gespannen (Auto plus Wohnwagen) anreisen, „aber wir regeln das mit einer Sondergenehmigung. Für mich handelt es sich zuerst einmal um europäische Gäste, die bei uns willkommen sind, solange sich alles im Rahmen hält.“ Man habe sich darauf geeinigt, dass die Clans (jeweils zwischen fünf und circa 20 Gespanne) maximal drei mal pro Jahr in Kleve zu Gast seien.
Vor Jahren, so van Hoof, habe es mal Probleme gegeben. „Da wurde dann auf der Festwiese gecampt. Das war nicht in unserem Sinn. Seit dem Ausbau des Wohnmobilstellplatzes hat sich das allerdings erledigt.“

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Die Festwiese neben dem Klever Stellplatz. Irgendwie nicht das Gelände, auf dem man – für jeden sichtbar – seine Notdurft verrichten möchte. NN-Foto: Rüdiger Dehnen

Ermittelt

Van Hoof: „Es ist falsch, dass uns Beschwerden von Bürgern nicht interesieren. Wir haben bezüglich der Verunreinigung durch Kot auf der Festwiese an der van den Bergh Straße ermittelt.“ Van Hoof hat einen Aktenordner dabei. Darin Unterlagen: Texte. Lichtbilder. Briefe. Antworten. „Die ‚Hinterlassenschaften‘ stammen nach unserer Überzeugung nicht von den Landfahrern, da sie in mehreren Hundert Metern Entfernung zum Stellplatz liegen und der Kot den Anschein macht, bereits älteren Datums zu sein.“ Van Hoof zeigt Lichtbilder. Komisch sei, dass die Exkremente älteren Datums seien, das Klopapier aber neu und irgendwie ohne sichtbare Gebrauchsspuren. Dürfen denn Gespanne eigentlich auf einem Wohnmobilparkplatz stehen? Van Hoof: „Wie schon gesagt: Gelegentlich erteilt die Stadt Kleve Ausnahmegenehmigungen zur Nutzung des Parkbereiches erteilt. Das geschieht beispielsweise regelmäßig anlässlich der Kirmes für die Schausteller, die dann mit Wohn- und Mannschaftswagen anreisen. Wir lassen aber auch andere Personenkreise zu, wenn ausreichend Platz zur Verfügung steht, andere Besucher nicht belästigt und die Park- und Müllgebühren im voraus entrichtet werden. Das ist dann auch bei den Landfahrern der Fall. Wenn die vor Ort sind – und das ist maximal drei Mal pro Jahr – kontrolliert unser Ordnungsdienst täglich den Platz. Für mich sind die Traveller Gäste wie alle anderen auch. So lange die sich an die Regeln halten, ist alles okay.“

Der Stellplatz in Kranenburg. NN-Foto: Rüdiger Dehnen

Anderswo

Fahrt nach Kranenburg. Ordnungsamtsleiter Willy Fleskes hat mit den irischen Gästen bisher keinerlei Probleme gehabt. „Die halten sich an die Absprache und von Kotproblemen im Umfeld unseres Wohnmobilstellplatzes kann keine Rede sein.“ Richtig sei, dass es auch in Kranenburg zu Beschwerden komme. Die hätten aber eher mit Lärmemission zu tun.
„Gerade in der vergangenen Woche waren die Landfahrer wieder bei uns. Wir hatten dann in einem Gespräch einen Abreisetermin vereinbart, der allerdings leider nicht eingehalten werden konnte, da ein Mitglied des Clans in Folge eines Unfalls ins Krankenhaus eingeliefert werden musste. Wir haben uns dann in einem sehr freundlich geführten Gespräch auf einen neuen Termin geeinigt und ich bin sicher, dass dieser Termin auch eingehalten wird.“

Die Pavee: Ein Eintrag bei Wikipedia

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