MÖNCHENGLADBACH. Dass die Corona-Pandemie die Konzertbranche bis ins Mark getroffen hat, dass viele Konzertveranstalter kurz vor dem Aus stehen, dass alle Dienstleister zurzeit keine Aufträge haben und dass auch die Künstler keine Einnahmen zu verzeichnen haben, ist bittere Realität. Jetzt kann man den Kopf in den Sand stecken und nach öffentlichen Fördermitteln rufen oder man versucht, Konzepte zu entwickeln, die sowohl realistische Umsetzbarkeiten der Hygienevorschriften beinhalten als auch finanziell tragfähige Veranstaltungen generieren. Und die zweite Variante hat sich Michael Hilgers, Geschäftsführer des SparkassenParks in Mönchengladbach, zum Ziel gesetzt.

„Wir haben überlegt, was unser Bonus ist”, erklärt Michael Hilgers. „Und das ist ganz klar unsere Größe und unsere Infrastruktur.” Dank dieser Voraussetzungen konnte das Konzept des „Strandkorb Open Air 2020″ entwickelt werden. „Die Idee basiert, wie der Name schon sagt, auf einer Grundlage: Strandkörbe”, so Hilgers. Mehr als 450 Stück der sommerlichen Sitzgelegenheiten werden auf der Open-Air-Innenfläche des SparkassenPark-Geländes in ordnungsrechtem Abstand positioniert.

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Sind “heiß drauf”, wieder live zu spielen: Henning Krautmacher und Micky Schläger (r.) von den Höhnern. NN-Foto: Andrea Kempkens

Die gesamte Fläche ist in neun Einheiten, sogenannte „Inseln”, unterteilt, die nach beliebten Urlaubsinseln wie Sylt oder Mallorca benannt werden. Jede Insel ist umzäunt und umfasst 50 Strandkörbe. Das Gelände des Parkplatzbereiches wird entsprechend der Inseln gegliedert. Die Besucher werden vom Eingang über abgegitterte Wege auf direktem Weg zu ihrer Insel geleitet. Sowohl Einlass als auch Auslass werden so geregelt, dass sich Besucher der jeweils anderen Inseln nicht kreuzen. „Die Inseln sind ein autarker Bereich mit eigenem Personal und eigenen Toilettenbereichen”, führt Hilgers aus. Durch gut organisierte „Einbahnstraßen” wird der Kontakt zu anderen Besuchern somit vermieden. Die Strandkörbe sind numeriert, mit 1,50 Meter Mindestabstand platziert und mit Desinfektionsmitteln ausgestattet. Die Tickets werden pro Strandkorb für jeweils zwei Besucher verkauft und sind personalisiert –  für die Rückverfolgbarkeit im Falle einer Infektion. Beim Ticketkauf können verschiedene Gastropakete online dazu erworben werden, beispielsweise Wein und Käse oder Bier und Nachos. Alle gekauften Gastropakete sind separat vor Einlass im Strandkorb platziert. Eine spontane Nachbestellung vor Ort ist über eine Gastro-App möglich.

Freut sich auf das Strandkorb Open Air 2020: Markus Krebs.

Für das passende Inselfeeling ist eine aufwendige Dekoration geplant. „Die Zäune werden mit großflächigen Inselimpressionen dekoriert, wir stellen große Pflanzen wie Palmen und Olivenbäume auf und verwandeln die untere Tribüne in eine große Düne”, kündigt Hilgers an. „Unsere Besucher sollen sich bei uns wie im Urlaub fühlen.” Bis zu 962 Besucher können sich pro Event auf das Open-Air-Feeling freuen und das Kulturprogramm unter freiem Himmel genießen. Neben den insgesamt 450 Strandkörben im Innenraum sind 16 Logen-Strandkörbe mit eigenem Kühlschrank zur Selbstbedienung auf der Haupttribüne und 15 Rollstuhlplätze an der Westtribüne geplant.

Um eine „Massenabreise” nach der Show zu vermeiden, haben sich die Veranstalter das „Good bye Bingo” einfallen lassen, bei dem die Besucher nach und nach das Gelände verlassen. Für die letzten neun Besucher heißt es „Bingo”; sie erhalten am Ausgang ihr kleines Präsent. Maximal 20 Minuten soll es dauern, bis der letzte Gast das Gelände verlassen hat.

Hilgers‘ Konzept überzeugt nicht nur für die Stadt Mönchengladbach, sondern auch aus dem NRW-Landtag erreichten bereits „positive Signale” den Veranstalter. „Die Umsetzung der Corona-Verordnungen von der Anreise über das Verweilen und das Ticketing- und Gastronomiekonzept bis hin zur Abreise ist beeindruckend”, so der Leiter des Mönchengladbacher Gesundheitsamtes Dr. Klaus Laumen, „Hier werden alle für die Besucher notwendigen Vorsichtsmaßnahmen getroffen, mehr kann man nicht tun!”

Mia Julia und ihr Support-Act Frenzy sind fest gesetzt fürs Strandkorb Open Air.

Geplant ist das Strandkorb Open Air 2020 für den Zeitraum Juli bis Oktober, sobald die Corona-Schutzverordnung die Durchführung möglich macht. Die Ankündigung des ausführlichen Programms soll in den nächsten acht bis zehn Tagen erfolgen. Fest gesetzt für die Open Airs sind bereits jetzt die Kölner Kultband „Die Höhner”, Comedian Markus Krebs und Sängerin Mia Juli, die sich bei der Pressekonferenz einen ersten Eindruck von der Strandkorbatmosphäre verschafften. „Das ist eine klasse Idee”, zeigt sich Höhner-Frontmann Henning Krautmacher begeistert. „Im Gegensatz zum Autokonzert können wir hier vor Menschen spielen, die in Strandkörben sitzen und nicht hinter geschlossenen Windschutzscheiben. Wir freuen uns drauf!” Auch Mia Julia findet das Konzept „mega gut”. Bei ihren Autokonzerten habe sie gemerkt, wie dankbar das Publikum in der heutigen Zeit für eine Abwechslung vom Alltag ist.

Michael Hilgers hofft, dass Besucher, Künstler und Veranstalter mit dem Konzept einen tollen Open-Air-Sommer haben werden. „Ich freue mich natürlich, dass wir deutschlandweit das erste Konzept in Abstimmung mit der Stadt erarbeiten konnten und vielleicht auch hier eine Inspiration für andere gebeutelte Veranstalterkollegen in ganz Deutschland geben können.”

 

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