GOCH. Um die neuen Corona-Sicherheitsregeln einhalten zu können, arbeitet die Gocher Tafel seit Anfang April vorläufig im ehemaligen Aldi-Markt an der Gartenstraße. Wie die Arbeitsbedingungen aktuell sind und wo die Vor- und Nachteile beider Standorte liegen, darüber weiß Dietmar Fues zu berichten.

Er ist Kassierer bei der Arche, dem Trägerverein der Tafel, und hilft eigentlich auch bei der Lebensmittel-Ausgabe, muss aber derzeit wegen einer Erkrankung davon absehen. Im Hintergrund hilft er der Tafel allerdings weiterhin bei der Organisation.
Normalerweise passiert bei der Gocher Tafel vieles parallel: Sortieren, Herausgeben, Waren transportieren. Dem hat das Corona-Virus einen Riegel vorgeschoben. Zunächst musste die Tafel schließen; ein Angebot der Stadt Goch ermöglichte es ihr dann aber, in den alten Aldi-Markt einzuziehen und die Arbeit fortzusetzen. Dabei stellte die Stadt unter anderem auch Tische zur Verfügung.

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Vor- und Nachteile

Die alten Räumlichkeiten am Westring brächten ein paar Nachteile mit sich, so Fues. Sie seien zu klein und als ehemalige Werkstatt nicht allzu gut für den jetzigen Zweck geeignet. Laut Fues bräuchte es mehr Platz und bes­tenfalls auch eine Möglichkeit, sich mit einem Kunden für ein Gespräch zurückziehen zu können: „Die Kunden sind oft alleine und würden sicherlich gerne einmal zehn Minuten mit einem Mitarbeiter sprechen.“ Auch den Helfern täte ein eigener Pausenraum gut, wie Fues erzählt. Zum Beispiel, um sich nach dem stundenlangen Stehen einmal setzen und in Ruhe miteinander sprechen zu können.
Am größeren Standort im ehemaligen Aldi-Markt können die Helfer laut Fues gut arbeiten. Trotzdem gebe es auch hier ein paar Probleme. So fehlen Abfallbehälter und Waren können nicht gekühlt werden. Am Tag der Ausgabe müssen die Helfer deshalb die Waren aus dem Kühlhaus am Westring holen, nach der Ausgabe zurückbringen und erneut einlagern.

Die vier Tafelleiter entwerfen derzeit ein Konzept, ob und wie sie in die Räume am Westring zurückkehren. Sollte dieser Fall eintreten, werden die Kunden – wie bisher in der Krise – ihre Ware nicht aussuchen können, sondern vom Personal gepackte Tüten bekommen. Diese würden die Helfer dann am Eingang vor der Tafel ausgeben. Die neu geordneten Strukturen in der Corona-Krise führten zudem zu längeren Arbeitszeiten und höherer Arbeitsbelastung; nicht zuletzt, weil viele Helfer wegfielen, berichtet Fues. Von der etwa 40 Menschen umfassenden Stammbelegschaft stand plötzlich mehr als die Hälfte nicht mehr zur Verfügung. In einigen Bereichen konnte das aber kompensiert werden, besonders beim Sortieren und der Ausgabe. Ein Glück im Unglück, das allerdings nicht von Dauer war: „Teilweise haben Leute mitgearbeitet, die jetzt wieder in das Berufsleben einsteigen“, erzählt Fues.

Helfer gesucht

Die Tafel freut sich deshalb nach wie vor über jede helfende Hand, besonders in einer Kategorie. „Bei den Fahrern haben wir eklatante Probleme. Über 50 Prozent sind ausgefallen. Wir waren dort schon immer dünn besetzt, aber jetzt ist es eine Katastrophe“, verrät Fues. Wegen der schwachen Besetzung seien die noch vorhandenen Fahrer fast jeden Tag unterwegs. Außerdem könne ein ehrenamtlicher Tag bei der Tafel unter den aktuellen Umständen länger dauern als ein normaler Arbeitstag. Ein Beispiel: Manchmal be­ginnt die erste Fuhre um 6.45 Uhr, die Rückkehr vom Aldi-Markt in die Tafelräume erfolgt dann nach 16 Uhr und auch die übrig gebliebene Ware muss wieder im Kühlhaus eingelagert werden.

Lieferdienst für Risikopersonen

Neu ist auch ein Lieferdienst für Risikopersonen. „Auch das sind Arbeiten, die wir vorher nicht hatten. Aber wir können einer 70-Jährigen mit Asthma nicht zumuten, zum Aldi-Markt zu kommen“, sagt Fues. Circa 15 Personen werden derzeit beliefert. Die Anzahl der Kunden, die zur neuen Ausgabestelle kommen, ist ein wenig zurückgegangen. „Es gibt Leute, die befürchten, dass kein oder nicht genügend Abstand gehalten wird“, sagt Fues. Wie vor Corona gebe es derzeit auch hin und wieder Leute, die sich nicht an die Regeln hielten. „Wir haben auch jetzt Leute, die sich vordrängeln. Es ist sehr schwierig, ihnen deutlich zu machen, dass sie sich in einem Abstand von 1,5 Meter zu positionieren und zu warten haben, bis sie an der Reihe sind.“ Manchmal kämen auch Personen ohne Mundschutz. „Das sind aber sehr wenige“, beruhigt Fues.

Viele Stunden

Als die Leute noch fleißig gehamstert haben, wurden die Lebensmittel für die Tafel knapper. Jetzt habe es sich wieder normalisiert, manchmal gebe es sogar mehr Ware. Gesammelt wird nämlich nicht nur lokal. Der Tafelverband Deutschland und der Tafelverband NRW haben Zentrallager. Bei Bedarf können die Fahrer auch hier Ware abholen. Die Gocher Tafel hat kürzlich erst eine Palette Tütensuppen bekommen. „Das sind Waren, die teilweise in Coesfeld abgeholt werden müssen“, sagt Fues. Durch private Kontakte bekommt die Gocher Tafel manchmal auch Getränke. „Dann fahren wir fast bis nach Krefeld runter“, erklärt Fues. Solche Fahrten müssen allerdings nebenher gemacht werden. Auch das komme auf die Arbeitszeit drauf. „Wenn ich die Stunden zusammenzähle, die bei der Tafel gearbeitet werden, komme ich auf sechs bis sieben Vollzeitkräfte. Es wird oft unterschätzt, wie viel Arbeit bei der Tafel anfällt“, erklärt Fues. Auf lange Sicht werde es ohne zusätzliches ehrenamtliches Personal schwierig werden für die Tafel. Besonders dann, wenn noch mehr Helfer ausfallen sollten.

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