XANTEN. Wer für sein Anliegen auf der Straße demonstrieren möchte, muss dieser Tage andere Wege finden. Genau das hat die Klimabewegung „Fridays for Future” (FFF) getan, als sie für vergangenen Freitag zum Netzstreik aufgerufen hatte. Auch die Xantener Gruppe hatte zum Mitmachen aufgerufen.
Wie Fridays for Future Deutschland mitteilte, war der Netzstreik am Freitag durchaus ein Erfolg: Rund 214.000 Menschen schalteten in den deutschen Live-Stream. Zu diesem gehörten Liveschaltungen zu Ortsgruppen, aber auch zu Betroffenen am Tagebau Garzweiler sowie zu Prominenten wie Eckart von Hirschhausen, Tilo Jung, Musikern wie Clueso und Lena Meyer-Landrut und Schauspielerin Katja Riemann, die zum Teil vor Ort waren.
Darüber hinaus wurde das Musikvideo „Fight Every Crisis” online gestellt, welches von den Influencern Fabian Grischkat und Roman Lochmann unter Beteiligung von weiteren Influencern und Musikern wie Mike Singer umgesetzt wurde.
Zehntausende auf Karte
87.000 Menschen trugen sich laut FFF für die Streikkarte auf der Homepage ein, tausende davon mit Demo-Plakaten. Solche posteten die Internetnutzer außerdem auf ihren eigenen Kanälen unter Hashtags wie „NetzstreikFürsKlima” und „FightEveryCrisis” oder schickten sie über die Sozialen Netzwerke oder die Homepage an die FFF-Bewegung, die daraus teils Collagen zusammenstellte.
Marit Weichold von FFF Xanten sieht Parallelen zwischen der Corona- und der Klimakrise. Aber: „Auf die Coronakrise wird mit angemessenen Maßnahmen reagiert, auf die Klimakrise nicht, obwohl die Wissenschaft seit vielen Jahren immer wieder darauf hinweist und schon des Öfteren detaillierte Pläne ausgearbeitet und vorgelegt hat. Aus dem Umgang mit der Coronakrise können wir vieles zur Bewältigung einer Krise lernen und vor allem sehen, dass unsere Regierung fähig ist, auf Krisen zu reagieren.”
Besonders wichtig seien FFF auch zukunftsfähige Lösungen für die Coronakrise. „Dafür müssen die Steuergelder, die nun eingesetzt werden, sozial gerecht sein und klaren ökologischen Kriterien folgen. Konkret dürfen wir also jetzt nicht alte Fehler wiederholen: Die Forderungen der Autolobby nach einer Neuauflage der katastrophalen Abwrackprämie von 2008 sind da nur ein Beispiel. Wer jetzt unbedacht Milliarden in Neuwagenprämien steckt, wird eine rechtzeitige Verkehrswende unmöglich machen”, erklärt Weichold.
Sie freut sich sehr über den erfolgreichen Netzstreik: „Unsere Erwartungen wurden absolut übertroffen.” So habe es der Streik unter anderem wieder in die Twitter-Trends geschafft.Sie ergänzt: „Viele größere Städte haben auch tolle Aktionen durchgeführt, Berlin und Aachen zum Beispiel.” Dabei verweist sie auf die vielen im Vorfeld gesammelten Plakate, die auf großen Plätzen ausgelegt wurden. Rund 15.000 davon seien in Berlin zusammengekommen.
Technische Schwierigkeiten
Getrübt wurde der Tag ein wenig durch die technischen Probleme beim Stream. Für 214.000 Aufrufe waren die Server wohl nicht ausgelegt. Marti Mlodzian, Pressesprecher der Ortsgruppe Kleve, geht nicht davon aus, dass ein Netzstreik ganz so große Wellen schlägt wie eine Demo auf der Straße. „Aber es ist im Moment nichts anderes möglich. Außerdem wollen wir von niemandem die Gesundheit gefährden.” Es gehe darum zu zeigen, dass FFF noch da und ihr Anliegen immer noch relevant sei. „Aber ich denke, der Netzstreik ist eine gute Form, mit der man trotzdem noch viele Menschen erreichen kann.”
Im letzten Jahr hat Weihbischof Rolf Lohmann bei der Demonstration in Kleve gesprochen. Auch in diesem Jahr hat er den Online-Streik unterstützt. Der Umweltbischof fordert, dass Klimaschutz trotz Corona-Krise Thema bleibt: „Es ist wichtig, auch während der Corona-Krise deutlich zu machen, dass die Rettung der Umwelt und damit die Bewahrung der Schöpfung nach wie vor auf der Agenda stehen. Klimaschutz ist noch immer ein wichtiges Thema, das uns alle angeht”, betont Lohmann. Auch wenn sie eine große Belastung für die Menschen sei, habe doch gerade die Pandemie gezeigt, welche Gefahren die Globalisierung mit sich bringen kann. Es sei aber auch deutlich geworden, dass die Menschen aufeinander angewiesen sind. „Die Erfahrungen der vergangenen Wochen zeigen uns, wie wichtig diese Solidarität ist, nicht nur im eigenen Land, sondern weltweit”, sagt Lohmann. Diese Solidarität dürfe aber nach der Corona-Krise nicht einfach wieder im Sande verlaufen, sondern müsse langfristig für den gemeinsamen Klimaschutz gelten.
Wer einen Blick auf die Streikkarte werfen möchte, um sich über Teilnehmer im eigenen Wohnort zu informieren und dabei einige Plakate begutachten möchte, kann das unter fridaysforfuture.de/ netzstreikfursklima/ tun.