Unter dem Motto „Wir bleiben für euch hier – bleibt ihr für uns zuhause!“ rufen die Mitarbeiter vieler Kliniken zum verantwortungsvollen Umgang mit der Corona-Krise auf. Auch die Mitarbeiter des Katholischen Karl-Leisner-Klinikums bitten die Menschen in der Region, in den nächsten Tagen nicht unnötig aus dem Haus zu gehen, um das Risiko neuer Infektionen und damit die Belastung für die Krankenhäuser zu verringern. Foto: KKLE / Thomas Momsen

KREIS KLEVE. Die Zahl der mit Corona-Infizierten steigt auch im Kreis Kleve immer weiter an. Stand Donnerstag, 15.30 Uhr, gab es 104 nachgewiesene Infektionen, im Kreis Wesel waren es 124 (Freitag, 13 Uhr). Auch die Zahl der Menschen, die sich in häuslicher Quarantäne befinden, steigt stetig. Was die Situation nicht einfacher macht, ist die Unsicherheit: Bin ich infiziert oder nicht? Umso mehr, wenn Symptome wie Fieber oder Husten auftreten. So häufen sich die Unmutsäußerungen von Bürgern, bei denen in den Krankenhäusern kein Abstrich zur weiteren Untersuchung genommen wurde.

Im Fieberzelt des Katholischen Karl-Leisner-Klinikums am Klever St.-Antonius-Hospital für Einwohner aus Kleve, Kranenburg, Bedburg-Hau, Kalkar, Uedem, Goch, Weeze und Kevelaer wird längst nicht jeder auf das Coronavirus getestet. Ein Vater berichtete den NN, dass bei seiner fiebernden Tochter kein Abstrich gemacht wurde. „Da ein Kind in ihrer Grundschule an Corona erkrankt ist, wollten wir auf Nummer sicher gehen. Am Zelt wurde meiner Frau gesagt, dass das Fieberzelt nur für Erwachsene sei. Wir sollten uns in der Kinder-Notfallambulanz melden. Nach kurzem Abhören wurden wir mit der Begründung, dass wir keinen direkten Kontakt zu einem Infizierten hatten, wieder Heim geschickt – ohne dass ein Abstrich gemacht wurde“, sagt der Vater.

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Wechselnde Richtlinien

Auf Anfrage teilt ein Sprecher des Katholischen Karl-Leisner-Klinikums mit, dass sich das Krankenhaus an den „täglich wechselnden Richtlinien des Kreisgesundheitsamtes“ orientiere, die sich wiederum nach den Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts (RKI) richten würden. So sähen Kinder, die mit Symptomen vorstellig werden, zwar immer einen Arzt, würden aber nicht automatisch getestet. Zudem gebe das Kreisgesundheitsamt auf Empfehlung des Bundesgesundheitsministeriums vor, dass sich alle Reiserückkehrer aus den vom Robert-Koch-Institut benannten Risikogebieten für zwei Wochen in freiwillige, häusliche Quarantäne begeben sollen.

Eine Testung, egal ob mit oder ohne Symptome, sei allerdings nicht erforderlich. „Es sei denn, es bestehen medizinische Vorerkrankungen mit besonderem Risiko von Komplikationen“, sagt der Klinik-Sprecher. Auch Beschäftigte etwa in Gesundheitsberufen würden bei einem Verdachtsfall getestet. Mit der angeordneten (freiwilligen) häuslichen Quarantäne sei die weitere Verbreitung des Coronavirus nach Meinung des Kreisgesundheitsamtes ansonsten bereits so gehemmt, sodass eine generelle Testung lediglich der Statistik dienen würde.

Das St. Willibrord-Spital in Emmerich hat einen Sonderaufnahmeraum für Patienten mit Grippesymptomen eingerichtet (NN-Foto: mb)

Auf Nachfrage der NN bestätigt ein Sprecher der Pro Homine, der Trägergesellschaft des St.-Willibrord-Spitals in Emmerich, dass auch in der Hafenstadt auf das Coronavirus getestet werde. „Abstriche auf Corona werden im Sonderaufnahmeraum des St.-Willibrord-Spitals nach den klaren Indikatoren des Robert-Koch-Instituts vorgenommen. Der Fragebogen ist danach aufgebaut und wird bei Bedarf den aktuellen Änderungen seitens des RKI angepasst.“
Allerdings macht der Pro Homine-Sprecher auch deutlich: „Das Krankenhaus – und das gilt für alle – ist keine ‚Abstrich-Ambulanz‘ für besorgte Bürger, sondern es müssen klare Indikatoren vorliegen.“ Dies­ sei auch deshalb gar nicht anders möglich, „weil die Ressourcen im Krankenhaus begrenzt sind, ebenso die Kapazitäten der Test-Labore“.

Vorbereitung auf Ernstfall

Die vier Krankenhäuser des Katholischen Karl-Leisner-Klinikums (St.-Antonius-Hospital Kleve, Wilhelm-Anton-Hospital Goch, Marienhospital Kevelaer und St. Nikolaus-Hospital Kalkar) bereiten sich derweil auf den Ernstfall vor. „Wir sind unter anderem damit beschäftigt, Intensivkapazitäten und Beatmungsmöglichkeiten aufzubauen“, teilt der Klinik-Sprecher mit. Außerdem habe das Klinikum bereits die ambulante Versorgung in vielen Bereichen am Dienstag eingestellt. Ausnahmen seien Notfallambulanzen, onkologische Patienten und Kinder. Abgesagt werden Sprechstunden, ambulante Operationen und ambulante Eingriffe in allen Funktionsbereichen. „Ab Montag werden in den Krankenhäusern außerdem bis auf Weiteres keine verschiebbaren elektiven Operationen mehr durchgeführt“, sagt der Sprecher weiter. Bereits seit Donnerstagabend vergangener Woche sind keine Patientenbesuche mehr möglich. Ausnahmen sind lediglich – nach Absprache – die Besuche schwerstkranker Patienten und Väter bei Geburten.

Auch niedergelassene Ärzte in der Pflicht

Grundsätzlich sind auch die niedergelassenen Ärzte in der Pflicht. Auch sie sollen testen – und sich an den Richtlinien des RKI orientieren. „Jede Praxis ist anders strukturiert, daher kann man nicht zentral für jeden Einzelfall im Detail entscheiden“, erklärt Professor Dr. Lothar Wieler, Präsident des Robert Koch Instituts im Deutschen Ärzteblatt (Ausgabe vom 6. März). Wieler rät, bei Verdacht auf Influenza die Patienten gleichzeitig auf SARS-CoV-2 zu testen: „Eine Probe aus dem oberen Hals-Nasen-Rachen-Raum ist einfach durchführbar. Der Test wird erstattet und steht allen Ärzten zur Verfügung.“ Grundsätzlich liegt es im ärztlichen Ermessen, ob getestet wird – oder eben nicht. Aktuell gilt: Wer allgemeine Symptome oder akute Atemwegsbeschwerden hat und entweder Kontakt zu einem bestätigten COVID-19-Fall hatte oder sich jüngst in einem Risikogebiet aufgehalten hat, sollte laut RKI getestet werden. Wer sich bis zwei Wochen vor Erkrankungsbeginn in einem Risikogebiet aufgehalten hat und aktuell an einer leichten Grippe oder Lungenentzündung leidet ohne durch Vorerkrankungen besonders gefährdet zu sein, kann (muss aber nicht) getestet werden. In diesem Fall muss der Arzt dem Gesundheitsamt auch keinen Verdachtsfall melden.

Die Corona-Tests werden in den Krankenhäusern und Arztpraxen durchgeführt. Im Kreis Kleve gibt es jetzt auch mobile Testabnahmen.

Zur Entlastung der Arztpraxen im Kreisgebiet weitet der Kreis Kleve aktuell sein Angebot zur mobilen Probeentnahme für die Testung auf den Coronavirus-Erreger deutlich aus. Ab der kommenden Woche sollen drei Fahrzeuge im Kreisgebiet eingesetzt werden, um die Funktionsfähigkeit der Arztpraxen vor Ort zu erhalten. Derzeit ist ein Fahrzeug im Einsatz. Die grundsätzliche Abstimmung mit der Kassenärztlichen Vereinigung zu dieser Ausweitung ist erfolgt. Geplant ist, dass jeweils ein Fahrzeug vom Deutschen Roten Kreuz im nördlichen und im südlichen Kreisgebiet die Rachenabstriche vornimmt. Im Bereich Emmerich wird der Maltester Hilfsdienst im Einsatz sein. Der Kreis Kleve übernimmt zunächst die Kosten der mobilen Beprobung. Hierfür wurde ein Budget von zwei Millionen Euro bereitgestellt. „Wir arbeiten mit Hochdruck an dieser Thematik“, betont Kreis-Sprecherin Ruth Keuken. Voraussichtlich noch an diesem Wochenende werde die Frage der Zuständigkeiten und Vorgehensweise geklärt.

Die aktuelle Entwicklung gibt es im Corona-Ticker.

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