Herzhasen – Exkursion in überdachte Wirklichkeiten

Man kann den Beuys kaum denken ohne Filz und Fett. Es geht auch nicht ohne den Koyoten, die Weste, den Hut … den Hasen. Wenn dann noch der Lampemeister von einer signalroten Wand grüßt, ist klar, ist nichts mehr zu denken ohne Josephs Welt.

Friederike Hinz: Massaker von Idaho, Linoldruck auf Leinwand. NN-Foto: Rüdiger Dehnen

Hochachtung für den Hasen

„Sehfelder“ heißt eine Ausstellung mit Werken von Friederike Hinz, die ab sofort uns bis zum 24. Mai im Museum Schloss Moyland zu sehen ist. Nein – Hinz erweist nicht nur dem Hasen ihre Hochachtung, aber: wegzudenken ist er nicht. „Sehfelder“ ist also irgendwie eine Hommage: ans Natürliche einerseits und den Mann mit Hut andererseits. Alles ist geerdet – alles nimmt Teil am Ursprünglichen. Das ist schnell klar. Könnte eine Künstlerin behaupten, den Hasen zu zeigen ohne den Beuys zu kennen? Warum eigentlich nicht? Es mag Menschen geben, die inbrünstig die Europahymne singen, ohne Schiller und Beethoven zu denken.

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Im Zentrum

Im Text zur Ausstellung heißt es: „Der Hase, sein Lebensumfeld, die Besonderheiten seiner Wahrnehmung und der Umgang des Menschen mit der Natur, auf die der Hase angewiesen ist, stehen im Zentrum der Arbeiten von Friederike Hinz. […] Das Werk von Friederike Hinz zeichnet sich im Umgang mit dem künstlerischen Material durch große Experimentierfreude aus.“
Kein Wort über Beuys. Warum auch? Der beuys‘sche Kosmos wohnt ohnehin im Schloss – atmet aus allen Poren. Dann allerdings – im Vorwort zum Katalog – Bezugsherstellung: „Der Hase hat im Museum Schloss Moyland eine ganz besondere Position inne, spielte er doch für Joseph Beuys eine wichtige Rolle, als Mitakteur in Aktionen, als Grenzgänger, der die Ost-Westspaltung zu überwinden vermag. In einem vielschichtigen Sinne können die Besucher an diesem Ort den Hasen als Wanderer zwischen den Welten begegnen und sich dem Vergnügen des vergleichenden Sehens widmen.“

Kreative Welt

Niemand allerdings sollte die Hinz auf den Beuys reduzieren – das wäre falsch und viel zu kurz gegriffen. „Sehfelder“ zeigt, was eine Idee vermag, wenn sie erst einmal in der Welt ist. Sie entwickelt Mutationen und jemand wie Friederike Hinz zeigt eine kreative Welt, in der man nicht jede Sekunde an Beuys erinnert wird, obwohl er da ist. Auch witzig geht es zu – vielleicht ist geistreich das bessere Wort.
Dann wieder stellt sich ein Titel quer: Zwei großformatige Linoldrucke tragen den Titel „Massaker von Idaho“. Überhaupt die Titel: „Appolodorus oder: Die Blume schmückt der Jungfrau Locken, dem Hasen hält sie‘s Waidloch trocken“, „Hasenherz 1“, „Hasenherz 2“ – dann steht man plötzlich vor „ff closebig 3“ und muss – einen Augenblick lang – an Dürers Hasen denken und an Löns‘ „Hasendämmerung“. „Sehfelder“ wird mit jedem Schritt zu einer Exkursion in eine überdachte Wirklichkeit. Überdacht von „Denken“ – aber auch überdacht von „Dach“. Dann steht man vor einem Mobile aus Fellstücken vor großformatigem Getier: es grüßen Wolf, Fuchs, Schwein, Eule und … ist das ein Hamster? Ein Hase, der irgendwie an Bugs Bunny erinnert, ist auf einem Bild zum Sessel geworden.

Hasen können kein Rot

Zu lernen gibt‘s auch: Hasen können kein Rot. Die Ärmsten. Wie sie wohl den Klatschmohn sehen? Er wird zur Form. Was soll man sagen: „Sehfelder“ ist kurzweilig, familientauglich, hasen- und naturfreundlich und … soll man‘s sagen … ja: der Mann mit Hut hätte wahrscheinlich seine Freude gehabt. Heiner Frost

NN-Foto Rüdiger Dehnen

Säfelder, Workshops, Gespräch

Und dann wären da noch die Säfelder: „Während der Ausstellung bietet der Museumsshop eine Saatgutmischung für den Feldhasen an. Die Tütchen wurden von der Künstlerin gestaltet. Den Verkaufserlös der Tütchen erhält die NABU-Naturschutzstation.“
Am Mittwoch, 8. April, wird es mit der Künstlerin zwischen 10 und 13 Uhr einen Workshop für Erwachsene geben – von 14.30 bis 16.30 folgt ein Workshop für Kinder. Am Sonntag, 24. Mai, findet um 12 Uhr ein Künstlerinnengespräch statt.

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