Bewegte Bilder aus einem bewegenden Kriegsjahr

Eine neue DVD zeigt alliierte Filmberichte über das Kriegsende am Niederrhein, sie ist ab sofort im Handel erhältlich

KREIS WESEL. Sergeant Guthals war Kameramann bei der US-Army. Am 25. März 1945 hielt er auf mehreren 16-Millimeter-Filmspulen bewegte Bilder fest, die um die Welt gehen sollten: Der US-Oberkommandierende General Eisenhower empfängt im US-Hauptquartier, einer Direktorenvilla der Zeche Friedrich Heinrich in Kamp-Lintfort, den britischen Premierminister Winston Churchill.

Kameramänner wie dieser junge US-Soldat hielten den Zweiten Weltkrieg auf 16-Millimeter-Film fest. Die Kamera wurde wie ein Uhrwerk aufgezogen, eine 30 Meter lange Spule reichte für zweieinhalb Minuten Film.
Foto: US National Archives

Nach einer Stärkung am Buffet fahren sie, gemeinsam mit Feldmarschall Bernard Montgomery, nach Büderich und blicken vom Balkon des Restaurants „Wacht am Rhein“ auf das rechte Rheinufer. Dann hat Churchill die wagemutige Idee, mit Soldaten und Journalisten zum Weseler Rheinufer überzusetzen, wo er auch die Trümmer der zerstörten Eisenbahnbrücke zu erklimmen. Ein symbolischer Akt, der vom Sieg über Nazi-Deutschland zeugt.
Beeindruckende historische Filmmomente wie diese befinden sich auf der neuen DVD „Rheinübergang 1945 Luftlandung: Alliierte Filmberichte über das Kriegsende am Niederrhein“. Die Zusammenarbeit des Weseler Stadtarchivs mit dem aus Wesel-Bergerfurth stammenden Geschichtsjournalisten Alexander Berkel ist zum Preis von 17 Euro erhältlich, in Wesel unter anderem in der Stadtinformation, im Stadtarchiv und in der Mayerschen Buchhandlung. Sie kann als 41. Beitrag in der Reihe „Studien und Quellen zur Geschichte von Wesel“ aber auch über jeden anderen Buchladen bestellt werden.
Im Gegensatz zu Alexander Berkels Film „Wesel vor 50 Jahren. In Schutt und Asche“, der 1995 auf VHS-Kassette erschien und zehn Jahre später auf DVD neuaufgelegt wurde, enthält die neue Filmsammlung nur wenige Bilder von der zerstörten Rheinstadt. Die Filmdokumente konzentrieren sich auf den Rheinübergang der Alliierten und auf die Luftlandung bei Wesel. Die meisten Fundstücke stammen aus amerikanischen, britischen und kanadischen Archiven. Sie verrmitteln die damalige Sichtweise jener Nationen, deren Truppen am Niederrhein gegen die deutsche Wehrmacht kämpften. Der englische Ton ist original und nachträglich mit deutschen Untertiteln versehen worden. Auch die Schnitte und die Musik sind so, wie die Alliierten sie damals für angemessen hielten und ihren Truppen vorführten. Eine gänzlich andere Perspektive zeigt die vorletzte deutsche „Wochenschau“, die noch auf Propaganda setzte, als die Niederlage am Niederrhein vorprogrammiert war.
Alexander Berkel, seit 21 Jahren als Filmemacher für das ZDF aktiv, hat seit seinem Studium immer auch auf Kriegsaufnahmen aus Wesel und vom Niederrhein geachtet, wenn er in Archiven in Washington D.C. oder London recherchierte. Dank seines geschulten Auges fand er auch etliche Filmsekunden, die in anderen Beiträgen „versteckt“ waren. Sofern die Bilder nicht ohnehin „gemeinfrei“, also kostenlos verwendbar, waren, hat das Stadtarchiv Wesel die Nutzungsrechte erworben. Dieser Posten machte 3.800 Euro des insgesamt 13.000 Euro teuren DVD-Projekts aus.
Einige Beiträge erstellte Alexander Berkel aus „Rohmaterial“, also tonlosen und ungeschnittenen 16-Millimeter-Aufnahmen. Dabei stechen besonders die Farbfilme von der Luftlandung bei Wesel hervor. Sie entstanden für das „Special Film Project“ der US Army Air Forces an allen Fronten, somit auch am 24. März 1945 im Umfeld von Wesel. Die Texte zu den chronologisch geordneten Bildern verfasste Alexander Berkel, der bewusst auf den Einsatz von Musik verzichtete, um das Dokument „zeitlos“ wirken zu lassen. Weitere Informationen zu allen Filmen, die in der Summe eine Laufzeit von 81 Minuten haben, bietet das zwölfseitige Booklet der DVD.

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Zur Präsentation der neuen DVD kamen (von links) Heiko Suhr vom Stadtarchiv Wesel, ZDF-Filmemacher Alexander Berkel, Archivleiterin Doris Rulofs-Terfurth, Bürgermeisterin Ulrike Westkamp und Kulturdezernent Rainer Benien.
NN-Foto: Michael Scholten
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