KREIS KLEVE. Die Ministerpräsidentenwahl in Thüringen hat auch den Kreis Kleve geschockt: Am Donnerstagnachmittag gab es auf Initiative der Jusos im Kreis Kleve spontan eine Demonstration gegen Rechts, an der etwa hundert Menschen teilnahmen. Vor dem Klever Rathaus versammelten sich Vertreter der CDU, SPD, FDP, Bündnis90/Die Grünen und Linke sowie der Fridays for Future-Bewegung, des Deutschen Gewerkschaftsbundes und weiterer Organisationen, um sich gegen das Erstarken des Faschismus‘ auszusprechen.

Einen Tag zuvor war Thomas Kemmerich (FDP) mit Hilfe von Stimmen der AfD überraschend zum Thüringer Ministerpräsidenten gewählt worden. Obwohl er 24 Stunden später von seinem Amt zurücktrat und damit den Weg frei für Neuwahlen machte, zeigten Politiker und Bürger ihre Wut und Enttäuschung über das Geschehene in Thüringen.

-Anzeige-

Rütter kritisiert Parteikollegen in Thüringen

Demonstration
„Kein Platz für Nazis.“ Die Protestler hatten für die spontane Demonstration in Kleve Plakate mit deutlichen Sprüchen vorbereitet. NN-Foto: Rüdiger Dehnen

Auch Daniel Rütter, Fraktionsvorsitzender und Bürgermeister-Kandidat der FDP in Kleve, zeigte sich bei der Demonstration empört. „Es ist absolut falsch, was in Thüringen passiert ist. Die FDP stand genauso wie die CDU bei der Wahl in Thüringen vor einem Dilemma. Beide Parteien hatten die absoluten Vorgaben, weder mit Links noch mit Rechts kooperieren zu dürfen. Um eine Regierung bilden zu können, fehlte ihnen allerdings die Mehrheit. Was unsere Parteikollegen in Thüringen fabriziert haben, war trotzdem absolut falsch und ist abzulehnen. Ein Ministerpräsident, der von der AfD gewählt wird, kann niemals für eine liberale Politik stehen“, erklärte Rütter.

Für die FDP stehe das Individuum im Vordergrund und keine Totalität wie bei der AfD. „Insofern ist die AfD ein Gegner, ein Feind, der bekämpft werden muss. Dafür müssen wir zusammenstehen. Die AfD kann kein Koalitionspartner werden“, sagte Rütter. Deshalb begrüße er die Neuwahlen, für die Kemmerich den Weg freigemacht habe.

“Wir haben gesehen, was passiert, wenn man sich nicht ganz von den Rechten abgrenzt”

Kleves Bürgermeisterin Sonja Northing zeigte sich derweil bei der Demonstration besorgt über die Situation in Deutschland: „Alles, was den Holocaust herbeigeführt hat, fing so an.“ Auch Jannik Berbalk, Sprecher der Kreis Klever Fridays for Future-Bewegung, zog den zweiten Weltkrieg als Vergleich heran: „Wir haben alle gesehen, was passiert, wenn man sich nicht ganz von den Rechten abgrenzt. In der AfD sitzen Menschenhasser, die stänkern wollen. Für sie zählt nur die Macht.“

Dank an Bürger

Northing bedankte sich deshalb stellvertretend bei den Kreis Klever Demonstranten dafür, dass am Mittwoch und Donnerstag zahlreiche Bürger gegen die Wahl des Thüringer Ministerpräsidenten protestiert haben: „Die Mitte steht auf, ist hier und sagt Nein zu abgesprochenen Wahlen.“

Günter Bergmann erinnerten die Vorkommnisse in Thüringen ebenfalls an die Machtergreifung der NSDAP Anfang der 1930er Jahre. „Das war damals ebenfalls ein demokratischer, schleichender Prozess. Das ist genau das, was wir jetzt in Thüringen erleben. Geschichte darf sich nicht wiederholen. Wir müssen da jetzt den Fuß drauf haben“, sagte Bergmann, der zudem Thomas Kemmerich kritisierte, dass er die Wahl zunächst angenommen habe.

Pure Machtgier

Dem pflichtete auch Frank Thon, Gewerkschaftssekretär des Deutschen Gewerkschaftsbundes in der Region Niederrhein, bei. „Wir leben wieder in einer Zeit, in der einzelne Politiker der sogenannten bürgerlichen Mitte aus purer Machtgier nicht davor zurückschrecken, Bündnisse mit Faschisten einzugehen. Dass die AfD insbesondere in Thüringen eine faschistische Partei ist, daran besteht für uns kein Zweifel“, sagte Thon bei der Demonstration und ergänzte: „Die überwiegende Mehrheit unserer Stadt, unseres Kreises, unserer Republik und auch der Menschen in Thüringen hat die AfD aber nicht gewählt. Die Wahl eines Mannes zum Ministerpräsidenten, dessen Partei es ebenso über die fünf-Prozent-Hürde geschafft hat, entspricht keineswegs dem Wählerwillen und auch deshalb hätte er die Wahl niemals annehmen dürfen.“

Schweigeminute am Synagogenplatz

Jannik Berbalk, der die Kundgebung vor dem Klever Rathaus moderierte, lobte die Kreis Klever Politiker, Vertreter der verschiedenen Organisationen und interessierte Bürger derweil, dass sie sich am Donnerstagnachmittag in Kleve versammelten, um gemeinschaftlich gegen Rechts zu demonstrieren. Zusammen liefen alle Beteiligten noch die Klever Innenstadt hinauf zur Schwanenburg hoch, um vor dem jüdischen Mahnmal auf dem ehemaligen Synagogenplatz in einer Schweigeminute den Opfern des Nationalsozialismus‘ zu gedenken.

Vorheriger ArtikelHochschule Rhein-Waal will mehr auf Qualität setzen
Nächster ArtikelStraßen.NRW sperrt morgen A3-Anschluss bei Rees