KALKAR. „Ein Herz hat nur, wer ein Herz für andere hat“, lautet das Motto des Kalkarer Ochsenordens, den die Kalkarer Karnevalsgesellschaft (KKG) seit 1967 – mit wenigen Ausnahmen – jährlich vergibt. Auch auf den 51. Ordensträger, der Verein „NiederrheinEcho“, trifft dieses Motto zu. 35 Ehrenamtler sprechen wöchentlich Zeitungsartikel für eine digital und auf CD erscheinende Hörzeitung ein, damit auch blinde und sehbehinderte Menschen am lokalen Leben teilhaben können.

1982 erschien die erste Ausgabe des „NiederrheinEcho“. Den Grundstein legten damals Kurt Gockel und Karl-Heinz Gottlob. „Damals gab es noch viele Kriegsversehrte und Kriegsblinde, die die Zeitung abonnierten“, sagt Magret Esser, erste Vorsitzende des Vereins. Mittlerweile sei die Anzahl der Kriegsblinde und damit auch die Abonnentenzahlen zurückgegangen. Aktuell nutzen 21 Hörer aus dem ganzen Kreis Kleve das Angebot.

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Mit Flyern Angehörige erreichen

NiederrheinEcho
Die Zeitungsartikel liegen ausgebreitet auf dem Tisch. Josefa van Koeverden (2.v.r.) liest einen vor, während Benno Löhrsen auf seinen nächsten Einsatz wartet. Anna-Marie Schott-Reintjes (l.) passt in der Regie auf, dass alles funktioniert und Magret Esser (2.v.l.) prüft den Ablaufplan. NN-Foto (Archiv): SP

„Das Problem ist, dass wir die blinden und sehbehinderten Menschen nur schwer erreichen. Deshalb wollen wir durch Flyer oder öffentliche Aufmerksamkeit vor allem sehende Angehörige ansprechen, die das Angebot weiterempfehlen“, sagt Johannes Intveen vom „NiederrheinEcho“. Auch die Verleihung des Ochsenordens könne helfen, das Angebot weiter publik zu machen und mehr blinde sowie sehbehinderte Menschen zu erreichen.

Der Vorstand der Kalkarer Karnevalsgesellschaft hat durch einen Zeitungsartikel vom „NiederrheinEcho“ erfahren. Für Senatspräsident Stephan Weber und seine Kollegen hätten sich sehr schnell einstimmig darauf geeinigt, das Team des „NiederrheinEchos“ mit dem Ochsenorden in diesem Jahr auszuzeichnen. „Ihr Engagement ist äußerst ehrenwert. Sie geben blinden und sehbehinderten Menschen eine Möglichkeit, an Informationen zu kommen“, sagt Weber.

Geschichten in 24 Rubriken

Einmal wöchentlich treffen sich die Mitglieder des Vereins dazu in der Klever Karl-Kisters-Stiftung, um lokale Nachrichten einzusprechen. Ein stetig wechselndes Team aus Redakteuren sichtet dazu zunächst die Zeitungen einer Woche, die zwischen Emmerich, Kleve, Goch, Kevelaer und Geldern erscheinen. Aus ihnen wählt es Artikel aus, die auf MP3-Format eingelesen werden sollen. Diese ordnen die Redakteure in 24 Rubriken, die für den Hörer immer in der gleichen Reihenfolge abgespielt werden können. Besonders beliebte Rubriken sind „Lokale Politik“, „Gerichtsberichte“, „Gut zu wissen“, „Gesundheit“ oder „Kirchliches“.

Das NiederrheinEcho
Ein 35-köpfiges, ehrenamtliches Team bestehend aus Technikern, Redakteuren und Lesern produzieren 52 Hör-Zeitungen pro Jahr. Wer Interesse hat, mitzuarbeiten, ist jederzeit willkommen. Die Abonnenten bekommen die Hör-Zeitung wöchentlich zugeschickt, können diese aber mittlerweile auch aus dem Internet herunterladen. Ein Abonnement kostet 48 Euro im Jahr. Davon werden ausschließlich die Kopier-Kosten für die CD‘s bezahlt. Mehr Informationen geben Margret Esser (Telefon 02824/2247) oder Johannes Intveen (Telefon 02821/9570).

Auf die meisten Ankündigungen bevorstehende Veranstaltungen verzichtet der Verein dabei bewusst. „Für einen blinden Menschen ist es mit einem sehr hohen Aufwand verbunden, eine Veranstaltung zu besuchen. Da diese meistens erst kurz vor dem Termin angekündigt werden, ist es ihnen oft nicht mehr möglich, einen Besuch zu planen“, sagt Esser. Auch liege der Fokus vor allem auf lokale Nachrichten. „Was in der Welt geschieht, bekommt der blinde Mensch auch über das Radio oder Podcasts mit. Aber für lokale Nachrichten, für das, was vor Ort geschieht, gibt es das nicht. An diese Berichte kommt der blinde Mensch nicht so leicht“, sagt Esser.

Keine synthetischen Stimmen

Gelesen wird übrigens immer haargenau das, was auch in der Zeitung stand. „Wir verändern absolut nichts an den Texten und nennen immer den Autoren. Das ist uns auch wichtig“, betont Intveen. Ein Alleinstellungsmerkmal sei außerdem, dass echte Menschen hinter dem Mikrofon sitzen. „Unsere Abonnenten hören keine synthetischen Stimmen. Das ist ihnen auch wichtig. Viele erzählen uns, dass sie es sogar mögen, wenn ein Leser sich mal verhaspelt oder das Scheppern einer Kaffeetasse im Hintergrund zu hören ist“, sagt Esser. Die fertige Hörzeitung, die in der Regel 90 bis 100 Minuten lang dauert, wird anschließend auf CD gepresst und den Abonnenten wöchentlich nach Hause geschickt. Mittlerweile gibt es aber auch die Möglichkeit, die Dateien aus dem Internet herunterzuladen.

Verleihung am Sonntag um 10.30 Uhr

Den 51. Kalkarer Ochsenorden verleiht die Kalkarer Karnevalsgesellschaft (KKG) am kommenden Sonntag um 10.30 Uhr im Rathaus der Stadt Kalkar. Die Veranstaltung ist öffentlich. Neben Senatspräsident Weber wird auch Kalkars Bürgermeisterin Britta Schulz eine Laudatio halten. „Ich finde es toll, dass man durch diese Preisverleihung auch mal Personen oder Gruppierungen kennenlernt, die sonst nicht so stark im öffentlichen Bewusstsein sind. Einrichtungen wie die Calkarer Tafel sind mittlerweile ja vielen bekannt, aber das ,NiederrheinEcho‘ dürften längst nicht so viele kennen“, meint Schulz. In diesem Fall leiste der Kalkarer Ochsenorden einen wichtigen gesellschaftlichen Beitrag.

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