Volksbund
Landrat Dr. Ansgar Müller erhielt von Regierungspräsidentin Birgitta Radermacher die „Goldene Nadel“ samt Urkunde des Volksbunds Deutsche Kriegsgräberfürsorge. NN-Foto: Thomas Langer

KREIS WESEL. Stolze 100 Jahre Bestehen feierte der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge letztes Jahr. Zu diesem Anlass entstand die Wanderausstellung „Europa, der Krieg und ich“. Sie verknüpft die Weltpolitik mit den wichtigsten Ereignissen der Friedensarbeit des Volksbundes. Bis Donnerstag, 20. Februar, ist die Ausstellung im Foyer des Kreishauses Wesel zu sehen. Anlässlich der Eröffnung überreichte Regierungspräsidentin Birgitta Radermacher Landrat Dr. Ansgar Müller die „Goldene Nadel“ des Volksbundes.

Angefangen hat der Volksbund im Dezember 1919 als Bürgerinitiative, um Ruhestätten für Gefallene und Kriegsopfer anzulegen und zu pflegen. Dieser Aufgabe widmet er sich auch heute noch, hat sich aber zu einer international vernetzten humanitären Organisation weiterentwickelt, die sich der Völkerverständigung widmet.

-Anzeige-

Die helle und dunkle Seite des Volksbundes

„Die Ausstellung gibt die geschichtliche Entwicklung des Volksbundes von 1919 bis heute wieder und lässt dabei auch nicht aus, dass es auch kritische Zeiten gab,“ sagte Wolfgang Gorzalka, Regionalgeschäftsführer des Volksbunds für den Bereich Rheinland. Während des Ersten Weltkriegs zum Beispiel sei die Gedenkkultur eher auf Rache für die Niederlage ausgerichtet gewesen. „Erst nach dem Zweiten Weltkrieg ist das Thema Gedenken und Friedenskultur deutlich in den Vordergrund getreten und ist jetzt auch unser stärkstes Bestreben. Wir wollen den Menschen über unsere Tätigkeit vor Augen führen, dass diese Schrecken nie mehr für uns zum Tragen kommen dürfen.“

Den Schrecken des Krieges griff auch Müller in seiner Eröffnungsrede auf: „Der Erste und der Zweite Weltkrieg wirken bis heute im kollektiven Gedächtnis nach. Die Opfer sind unvergessen, denn nahezu jede Familie war betroffen. Jedes gegebene Leben ist ein Verlust. Ein sinnloser Tod, der in nationalistischer Hybris und in politischer und militärischer Rücksichtslosigkeit begründet war.“

Beide Weltkriege forderten laut Historikern in Europa rund 80 Millionen Tote, sowohl mittelbar, als auch unmittelbar. „Es ist unsere Aufgabe, die Wiederholung einer solchen Tragödie zu verhindern“, betonte Müller.

Ein Fundament des Friedens, welchen die europäische Idee seit 75 Jahren garantiere, sei laut Müller das Gedenken an die Opfer des Krieges. „Die Gefallenen erinnern uns an das Leid des Krieges. Ausstellungen – wie die nun im Kreishaus gezeigte – leisten einen wichtigen Beitrag zu dieser Erinnerungskultur.“

Müller lobte besonders die vielseitige Tätigkeit des Volksbundes: „Damit wird wichtige Friedensarbeit geleistet.“ In diesem Zusammenhang zitierte er Albert Schweitzer, der Soldatengräber als die großen Prediger des Friedens bezeichnete. „Das Zitat macht die Arbeit des Volksbunds deutlich. Sie ist heute besonders wichtig, weil die Zeitzeugen immer weniger werden. Das Sterben und das Elend des Kriegs scheinen uns daher heute oft weit weg. Aber Krieg, Gewalt und Terror sind weiterhin in der Welt. Wir müssen dagegen angehen, damit wir in Freiheit und Sicherheit leben können. Ich hoffe, dass die Ausstellung in mehr Menschen die Sehnsucht nach einem friedlichen Zusammenleben weckt.“

Auszeichnung für 16 Jahre Ehrenamt

Müller trägt seit 2004 selbst einen Teil zur Arbeit des Volksbundes bei. Als Landrat bekam er traditionell das Ehrenamt des Kreisverbandsvorsitzenden des Volksbundes angeboten. „Herr Müller hat dafür gesorgt, dass der Volksbund hier im Kreisverband Wesel präsent ist, wir unsere Sammlungen durchführen dürfen und so schöne Ergebnisse erzielt werden“, lobte Gorzalka. Müller habe durch die Platzierung solcher Ausstellungen im Kreishaus auch für Außenwirkung gesorgt.

Wegen dieser Verdienste für den Volksbund zeichnete Regierungspräsidentin Birgitta Radermacher Müller mit der „Goldenen Nadel“ des Volksbundes aus. „Die Auszeichnung hängt jetzt an meinem Revers, aber sie ist eigentlich für alle, die sich so toll engagieren“, sagte Müller.

Tragische Familiengeschichten

Auch viele der anwesenden Gäste haben wegen ihrer Familiengeschichte eine Verbindung zum Volksbund beziehungsweise zu dessen Wirken. Elly Kranen-Reiners aus Moers zum Beispiel verlor am Ende des Zweiten Weltkriegs ihre Schwester Hildegard Reiners durch sogenanntes „friendly fire“ – ungewollter Eigenbeschuss. Sie wurde von einem Schrapnell getroffen.

Ulrich von Quistorp aus Sonsbeck hält viel von der Arbeit des Volksbundes: „Ich spende seit Jahrzehnten an den Volksbund, weil das eine Arbeit für den Frieden ist. Ich habe auch mit meinen Kindern sehr viele Kriegsgräberstätten besucht, im In- und im Ausland. Mein Vater war kein Soldat, ist aber im Alter von 42 Jahren in Sachsenhausen verstorben, in der Internierung in der Sowjetzone.“ Eine Nachricht hatte die Familie damals nicht bekommen.

Der Volksbund hat pro Jahr ein Budget von etwa 50 Millionen Euro. Er finanziert sich zu 70 Prozent aus Spenden und Mitgliedsbeiträgen, die anderen 30 Prozent kommen als Ausfallbürgschaft über das Auswärtige Amt und über die Landesregierungen. „Wir sind auf die Mitwirkung der Politik in den Kreisen und Kommunen angewiesen“, sagte Gorzalka. Das sei auch traditionell bedingt. „Nach dem Ersten Weltkrieg gab es keine staatlichen Stellen. Der Staat an sich war ja nicht mehr existent, jeweils nach dem Ersten und auch nach dem Zweiten Weltkrieg. Es war niemand da, der sich um die vielen Kriegstoten kümmern konnte“, erzählte er.

 

Vorheriger ArtikelEine reiselustige Spargelprinzessin
Nächster ArtikelSabine Gerards zeigt Lichtmalerei im Schlösschen Borghees