Heiligabend und Silvester sind keine Feiertage. Es hängt vom Arbeitgeber ab, ob sie frei sind, einen halben oder einen ganzen Urlaubstag erfordern. Doch in einigen Branchen müssen Mitarbeiter auch in der besinnlichen Zeit des Jahres den Betrieb aufrecht halten.

Das Fest der Familie alleine feiern

„Papa, bist du Heiligabend zuhause?“ „Ja, aber“, könnte Christoph Börgers‘ Antwort auf diese Frage lauten. Er arbeitet in der Justizvollzugsanstalt Geldern Pont – im 18. Jahr. Dieses Jahr hat er die Frühschicht: 6 bis 14 Uhr. Das Ja – „ich bin Heiligabend da“, das Aber: „Aber erst gegen 15 Uhr.“ Das passt. Das kann man familienfreundlich nennen. Börgers kann sich an keinen Heiligabend erinnern, an dem er nicht im Dienst war.

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Christoph Börgers und seine Kollegen schauen an Weihnachten noch ein bisschen genauer hin. NN-Foto: hf

Immerhin geht es ihm besser als den Jungs, die einsitzen. In diesem Jahr sind Heiligabend und der 1. Weihnachtsfeiertag besuchsfrei. Besuch wäre nur dann, wenn ein Feiertag auf einen Sonntag fällt. Weihnachten – das Fest der Familie. Die „Jungs“ können ihren Kindern keine Geschenke unter den Baum legen. Weihnachten kann im Knast zu einer ziemlich einsamen Angelegenheit werden.

Christoph Börgers: „Es ändert sich viel in dieser Zeit – auch der Ton und Inhalt der Briefe, die aus dem Knast gehen und reinkommen. Börgers und seine Kollegen schauen an Tagen wie Weihnachten noch eine Spur genauer hin als sonst. Das Motto: „Wir sind nicht hier, um den Bau zu bewachen. Wir kümmern uns um Menschen.“

Dein Freund und Helfer

Sonja Schönborn, Polizeihauptkommissarin. Seit 25 Jahren ist sie bei der „Firma“. Heiligabend-Einsätze: „20 müssten es locker sein.“ Schönborn hat zwei Kinder. „Die sind heute 20 und 21, aber als sie noch klein waren, kam es vor, dass wir Weihnachten kurzerhand verlegt haben. Auf der Wache essen die Kollegen, die Dienst haben, zusammen. Jeder bringt was mit. Am besten kalte Küche, denn es kann ja jederzeit ein Einsatz kommen.“ Die schlimmsten Einsätze für Schönborn sind Familienstreitigkeiten. „Da ist es auch schon vorgekommen, dass wir jemand mit in Gewahrsam nehmen mussten. Vor allem für die Kinder ist das natürlich furchtbar.“

Sonja Schönborn sorgt an Heiligabend dafür, dass man sicher feiern kann. NN-Foto: hf

Übrigens bekommt jeweils eine Wache im Kreis an Heiligabend Besuch vom Landrat sowie dem „Abteilungsleiter Polizei“. Alle Kollegen im Dienst erhalten dann eine kleine Geschenktüte. Wenn es ruhig bleibt am heiligen Abend, wird Streife gefahren. Präsenz zeigen. Während die einen feiern, arbeiten die anderen. Kommt es vor, dass es Geschenke von den Bürgern gibt? „Manche würden das gern tun, aber wir dürften das nicht annehmen.“ Immerhin: Ein Danke ist keine Bestechung.

Notfälle gibt es auch an Feiertagen

Wer seit über 25 Jahren im Krankenhaus arbeitet, kommt an den Feiertagsdiensten nicht vorbei. In diesem Jahr übernimmt Tim Wieggers mit drei Kolleginnen an Heiligabend die Frühschicht. Seit zwei Jahren leitet der Fachkrankenpfleger für Anästhesie und Intensivmedizin die Intensivstation am Klever St. Antonius-Hospital. In diesem Jahr arbeitet er an Weihnachten Früh-Spät-Früh – und hat dafür Silvester frei. „Man weiß nie, was passiert“, weiß Wieggers aus jahrelanger Erfahrung. Zwar sei es prinzipiell etwas ruhiger, weil an Feiertagen keine größeren Operationen geplant sind, „für Notfälle gilt das aber natürlich nicht“, sagt der vierfache Familienvater. „Nett“ macht man es sich trotzdem. „Die Station ist weihnachtlich geschmückt, einer bringt immer Kekse mit und wir versuchen gemeinsam in Ruhe zu frühstücken“, sagt Wieggers.

Tim Wieggers ist einer der vielen Krankenhaus-Mitarbeiter, die auch an den Feiertagen für die Patienten da sind. NN-Foto: Rüdiger Dehnen

Wenn er an Weihnachten arbeitet, werden die Besuche bei Familie und Freunden schon im Vorfeld erledigt. Das hat sich bewährt. „Wir machen dann ein Adventskaffee zwei Wochen vorher mit den Großeltern und haben so an den Feiertagen weniger Stress.“ Heute geht es gleich nach dem Dienst nach Hause. Dann wird gemeinsam gekocht und gegessen, es geht in die Kirche und anschließend ist Bescherung. Zeit mit der Familie verbringen, mit den Hunden eine Runde in den Wald. „Ein bisschen Ruhe reinbringen“, sagt Tim Wieggers. Sein Arbeitsalltag ist stressig genug. „Außergewöhnliche Situationen erleben wir täglich“, sagt er. Da macht auch Weihnachten (leider) keine Ausnahme.

Im Wohnverbund geht es besinnlich zu

Im Gegensatz dazu geht es an den Weihnachtstagen im Wohnverbund Rees-Groin der Lebenshilfe Unterer Niederrhein deutlich besinnlicher zu. „Wir versuchen, das Gefühl von Weihnachten für unsere Bewohner zu transportieren“, erzählt Katrin Flür (50). Seit inzwischen 20 Jahren arbeitet die Heilpädagogin im Wohnverbund, hat dies auch schon einige Male an Heiligabend und den Feiertagen getan. „In der Regel haben wir an den kompletten Feiertagen Dienst“, sagt Flür. Die Familie ist daran gewöhnt, man arrangiert sich. „In diesem Jahr habe ich Spätdienst, daher machen wir uns zu Hause einen schönen Vormittag“, verrät sie. Die Feierlichkeiten werden ab 28. Dezember nachgeholt, dann hat Flür bis ins neue Jahr frei.

Katrin Flür arbeitet im Wohnverbund Rees-Groin an Heiligabend. NN-Foto: Rüdiger Dehnen

Im Wohnverbund wird es ab Dienstag richtig besinnlich. Es werden Plätzchen gebacken, und alle treffen sich am Nachmittag zu einem gemeinsamen Kaffeetrinken. Abends wird dann in kleinen Gruppen gefeiert. „Einige Bewohner werden auch von Verwandten abgeholt und feiern bei ihnen zu Hause“, sagt Flür. Da sich viele Bewohner, aber auch Mitarbeiter seit Jahren kennen, sind enge Bindungen entstanden. So muss sich an Weihnachten niemand allein fühlen. „Wir können die Familie nicht ersetzen“, weiß Flür, „wir können aber eine sehr familiäre Atmosphäre schaffen.“ Gerade an Heiligabend und den Feiertagen ist dies sehr wichtig.

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