Plauderei auf dem roten Samtsofa

Vortrag „Platt in der Franzosenzeit“ mit Dr. Georg Cornelissen

KEVELAER. Wenn Dr. Georg Cornelissen einmal in Fahrt ist, scheint ihn nichts und niemand mehr stoppen zu können. Der Sprachwissenschaftlicher vom Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte des Landschaftsverbandes Rheinland ist beseelt von der Sprachforschung, die ihm ein Quell immerwährender Freude scheint und einen schier unerschöpflichen Fundus bietet.
Kostproben seiner Begeisterung können Besucher des Vortragnachmittags zum Thema „Platt in der Franzosenzeit – der niederrheinische Dialekt zur Zeit Napoleons“ am Samstag, 28. September, 14.30 Uhr, im Niederrheinischen Museum Kevelaer erleben. Der Linguist wird sich dabei locker auf dem roten Samtsofa der alten Museumsgaststätte platzieren, die Zeit der Franzosen am Niederrhein sprachlich auferstehen lassen und auch geschichtlich Beiträge zur Franzosenzeit am Niederrhein zum Besten geben.

Dr. Georg Cornelissen vermittelt wissenschaftliche Inhalte auf sehr unterhaltsame Weise.
Foto: NN-Archiv privat

Weezes Bürgermeister Ulrich Francken, Vorsitzender des mitveranstaltenden Vereins für Land en Lüj, lobt Cornelissen als begabten Sprachwissenschaftler mit launiger Art“. „Die Franzosenzeit ragt aus der Geschichte des Niederrheins heraus“, sagt Cornelissen und führt das auf „die Faszination Napoleons zurück“. Die französische Besatzungszeit (1792 – 1814) sei den Menschen am Niederrhein sehr gut im Gedächtnis. Auch im Sprachgedächtnis, denn am linken Niederrhein war Französisch während der Besatzung die Amtssprache. Aufgrund der Enteignung des gesamten Kirchenbesitzes in Frankreich flohen französische Geistliche an den Niederrhein. In Folge dessen verboten die Franzosen den Kevelaerern für einige Jahre die Prozessionen.
Mitveranstalter des Vortragnachmittags ist der Verein für Land en Lüj. In Zusammenarbeit mit dem LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte stellt er „den Einfluss des Französischen in der Zeit Napoleons auf die niederrheinisch-niederländische Sprache“ vor. Der Erhalt und die Förderung der sprachlichen Kultur am Niederrhein sind Ziel der Kooperation.
Apropos Erhalt: französische Wörter wie Portemonnaie und Trottoir gehören noch heute zu unserer Umgangssprache. Andere sind gänzlich verschwunden oder haben gar eine andere Bedeutung. So das Wort „Plumeau“. Dessen einstige Bedeutung Oberbett, noch heute so im Deutschen bekannt und verwendet, hat sich im Französischen in die Bedeutung „Staubtuch/Staubwedel“ verändert. Dr. Georg Cornelissen wird gewiss auch mit sprachlichen Mythen aufräumen. Über sie ärgert er sich oft. Beispielsweise über Mythen rund um das Wort „Fisimatenten“. „Dessen Entstehungsgeschichte ist der größte Quatsch“, widerspricht Cornelissen der Behauptung, das Wort sei vom Französischen „visitez ma tente (besuche mein Zelt)“ hergeleitet. „Da kann ich mir den Mund fusselig reden. Ich komme dagegen nicht an“, so Cornelissen. Er ist überzeugt, das Wort stamme aus dem Jahr 1499 und sei vom Begriff „visae patentes literae“ hergeleitet, das „ordnungsgemäß geprüftes Patent“ bedeutet.
Dass niederrheinische Dialekte sich im 1900 Jahrhundert anders anhörten als heute wird Cornelissen mit den frühen Tonaufnahmen „Dialektproben aus der Franzosenzeit“, „Niederrheinisch und Niederländisch um 1800“ beweisen. Seine weitere Themen am 28. September sind „französische Lehnswörter im niederrheinischen Platt“ und „die Preußen und das Platt seit 1815“. Gewiss wird Cornelissen dabei auch das eine und andere Bonmot platzieren.
Freunde des Niederrheinischen Museums dürfen schon jetzt gewiss sein, dass dort weitere Kooperations-Veranstaltungen stattfinden werden. „Man muss ja nicht im­mer als Al­lein­gän­ger un­ter­wegs sein. Sol­che Ko­ope­ra­tio­nen wird es wohl auch noch in der Zu­kunft ge­ben“, be­ton­te die Lei­te­rin des Mu­se­ums Ve­ro­ni­ka Heb­ben. „Man muss ja nicht immer als Alleingänger unterwegs sein“, so Hebben. Eine Anmeldung zur Veranstaltung ist nicht mehr möglich, denn sie ist ausverkauft.

-Anzeige-
Vorheriger ArtikelKüchenbrand: Bewohnerin erlitt Rauchvergiftung
Nächster Artikel#AlleFürsKlima – Freitag wird demonstriert