Frischer Wind bei den Referees

Sandra Jung leitet den Schiedsrichter-Ausschuss im Fußball-Kreis Kleve-Geldern

KREIS KLEVE. Sandra Jung ist die neue Schiedsrichter-Chefin im Fußball-Kreis Kleve-Geldern. Sie führt den Kreis-Schiedsrichter-Ausschuss als Nachfolgerin von Holger Hahn an. Im Interview mit NN-Redakteurin Sabrina Peters spricht sie über ihre neue Aufgabe, den Schiedsrichter-Mangel und wie neue Schiedsrichter eingegliedert werden.

Sandra Jung mit Schiedsrichter und Öffentlichkeitsmitarbeiter Elias Papke NN-Foto: SP

Frau Jung, Sie sind die erste Frau an der Spitze des Kreis-Schiedsrichter-Ausschusses Kleve-Geldern. Wie kamen Sie zu dem Entschluss, die Nachfolge von Holger Hahn anzutreten?

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Sandra Jung: Ich bin seit 2000 Schiedsrichterin. Nach meiner aktiven Laufbahn habe ich erstmal eine Ruhephase eingelegt, weil die Tätigkeit im DFB-Bereich ziemlich zeitintensiv war. Während dieser Zeit hat Holger mich gefragt, ob ich nicht wieder in die Schiedsrichtertätigkeit wieder einsteigen möchte. Hier habe ich schnell gemerkt, dass mir vor allem das Coachen von jungen Schiedsrichtern liegt. Im Kreis-Schiedsrichter-Ausschuss wurde dann im Jahr 2013 ein Posten frei und ich habe den Part Coaching übernommen. Holger hatte mich vor zirka drei Jahren gefragt, ob ich nicht seinen Posten übernehmen möchte. Das erschien mir damals aber noch zu früh. Zunächst wollte ich Erfahrungen sammeln. Jetzt fühlte und fühle ich mich aber bereit.

Holger Hahn war für Sie in den vergangenen Jahren ohnehin stets ein wichtiger Ansprechpartner.

Jung: Holger hat mich von Beginn an gefördert – bereits zu meiner aktiven Zeit. Mit seiner Hilfe bin ich als Schiedsrichterin bis in die Frauen-Bundesliga aufgestiegen. Für die Ausschuss-Tätigkeit hat er mich damals auch vorgeschlagen, mich eingegliedert und mir immer mehr Aufgaben übertragen, bis er jetzt den Platz freigemacht hat, auch um auch „frischen Wind” in die Ausschussarbeit zu bekommen. Im Fußball-Verband Niederrhein findet ohnehin gerade ein Generationenwechsel statt. Nun möchte man versuchen viele junge Leute zu integrieren und für das Ehrenamt zu begeistern.

Ihr neuer Posten bringt viel Arbeit mit sich. Wieso haben Sie sich trotzdem dazu entschieden?

Jung: Die Arbeit macht mir einfach unfassbar viel Spaß. Die Förderung der Jung-Schiedsrichter liegt mir sehr am Herzen. Außerdem ist die Zusammenarbeit mit dem Fußball-Verband Niederrhein, anderen Kreisen und dem DFB einfach super. Ich bin ja selber auch noch im DFB-Bereich als Beobachterin und Coach tätig und kann so auch im Kreis den passenden Input für die jüngeren Leute geben, was für sie sehr förderlich ist. Da ich in den verschiedensten Gremien mitarbeite, bin ich einfach sehr nah am Geschehen. Aber auch unsere erfahrenen und älteren Schiedsrichter sind einfach unfassbar toll. Sie stecken so viel Herzblut in ihr Hobby. Von dessen Lebenserfahrung kann ich noch viel lernen und für die Zukunft mitnehmen. Zudem habe ich einen hervorragenden Kreis-Schiedsrichter-Ausschuss um mich herum, welcher mir viele Aufgaben abnimmt und mich tatkräftig unterstützt.

Was gehört zu Ihren Aufgaben?

Jung: Meine Aufgaben sind vor allem administrative Tätigkeiten. Dazu gehört die Kommunikation mit den Schiedsrichtern, dem Fußball-Verband Niederrhein, dem Kreisvorstand, den Sportgerichten, die DFBnet-Pflege sowie die Organisation von Lehrgängen und Veranstaltungen jeglicher Art. Unter anderem planen wir ein Kicker-Turnier, gemeinsame Frühstücke mit den älteren, verdienten Schiedsrichtern, einen Ausflug zu einem Bundesliga-Spiel im Februar oder einen Saison-Abschluss. Mit diesen Erhaltungsmaßnahmen hoffen wir möglichst viele Schiedsrichter in unserer Gemeinschaft halten zu können.

Was ist Ihnen in Ihrer Amtszeit besonders wichtig?

Jung: Ich habe es selbst erlebt, wie wichtig eine gute Förderung ist. Mir haben meine Beobachter und Coaches viel mit auf den Weg gegeben. Das möchte ich nun auch anderen in meiner neuen Funktion vermitteln. Was mir aber auch wichtig ist, sind die geplanten Erhaltungsmaßnahmen im Kreis. Ich möchte Schiedsrichter, welche keine Perspektive mehr haben, höher zu pfeifen, zukünftig in die Kreisarbeit integrieren. Viele von ihnen hören ohne Perspektive jedoch auf. Zudem haben wir sehr viele ältere Schiedsrichter. Auch sie möchte ich wieder mehr einbinden und entsprechende Beachtung schenken. Denn genau diese Schiedsrichter pfeifen für uns jede Woche so viele Spiele und sind damit unser wertvollstes Gut.

Wie hat sich das Schiedsrichter-Wesen in den vergangenen Jahren verändert?

Jung: Die Schiedsrichter-Tätigkeit ist viel leistungsorientierter. Früher mussten wir zwölf Minuten laufen und 2.600 Meter absolvieren. Heute sind dagegen viele kurze Intervalle Bestandteil des Lauftests, die sich an dem Spielcharakter orientieren. Der Fußball ist heute einfach schneller geworden. Auch die Beobachter und die damit verbundene Schiedsrichter-Betreuung haben heute ein höheres Niveau. Aber nicht nur das hat sich geändert, sondern auch die Gesellschaft. Früher war der Umgang auf und neben dem Platz respektvoller. Hier hat sich vor allen Dingen die Hemmschwelle gegenüber den Unparteiischen – leider – zum negativen entwickelt.

Werde Schiedsrichter!
Der Fußballkreis Kleve-Geldern sucht neue Schiedsrichter. Ab Samstag, 7. September, findet von 9 bis 14 Uhr ein neuer Lehrgang im Kreissportheim Kleve, Mühlenstraße 1, statt. Weitere Termine für den Lehrgang sind am11. September (18.30 bis 21 Uhr) und 14. September (9 bis 14 Uhr). Die Prüfung ist am 16. September ab 18.30 Uhr. Anmeldungen nimmt Rolf Camps per E-Mail an rolf.camps@aol.com oder unter Telefon 0172/8157509 entgegen. Das Mindestalter beträgt 14 Jahre.
Der Schiedsrichter-Mangel ist auch im Kreis Kleve-Geldern seit Langem ein Thema. Wie sieht die Situation aktuell aus?

Jung: Aktuell haben wir 165 Schiedsrichter, aber das reicht bei weitem nicht aus, um alle Spiele besetzen zu können. Viele von ihnen sind auf DFB- und Verbandsebene unterwegs, darunter auch unsere Aushängeschilder Guido Winkmann und Martin Thomsen. Für die Spiele auf Kreisebene stehen uns letztendlich noch 119 Schiedsrichter zur Verfügung – und die können auch nicht immer jedes Wochenende ein Spiel leiten. Demgegenüber stehen allein sieben Herren-Ligen. Hinzu kommen noch die Frauen und die Spielklassen der Jugend. Daher können wir schon seit Jahren nicht mehr alle Spiele – vor allem im Jugend-Bereich und in den unseren Seniorenklassen – besetzen, weil wir einfach nicht genügend Schiedsrichter haben.

Beim Anwärterlehrgang im Frühjahr haben sie eine ganze Reihe an Nachwuchskräften bekommen. Wie verläuft für sie der Einstieg in die Tätigkeit?

Jung: Die Jung-Schiedsrichter unter 18 Jahren nehmen mittlerweile an dem neueingeführten Tandem-Projekt teil. Dabei betreut ein erfahrener Schiedsrichter einen Jung-Schiedsrichter. Das erste Spiel pfeift der erfahrene Schiedsrichter, der sogenannte Tandem-Pate. Im zweiten Spiel pfeift der junge Schiedsrichter und der Pate läuft mit, im dritten Spiel läuft der Pate dann nur noch eine Halbzeit mit und ist ansonsten vierter Offizieller. Im vierten Spiel pfeift der Jung-Schiedsrichter alleine und der Tandem-Pate ist nur noch vierter Offizieller. Mit dieser Maßnahme möchten wir den jungen Leuten erste Ängste nehmen und ihr Selbstbewusstsein für die nächsten Aufgaben stärken. Aber auch unsere neuen Senioren-Schiedsrichter werden nicht unberücksichtigt gelassen. Im Gegensatz zu den Jung-Schiedsrichtern werden diese von einem Coach in den ersten Spielen begleitet. Dieser gibt in der Halbzeitpause und nach Schlusspfiff entsprechende Verbesserungsvorschläge mit auf dem Weg und hilft beim Ausfüllen des Online-Spielberichtes.

Welche Erfahrungen haben Sie mit dem Tandem-Projekt gemacht?

Jung: Vor allen Dingen ist es in den ersten Spielen oft so, dass es zum Beispiel Eltern gibt, die ihren Unmut über aus ihrer Sicht falsch getroffenen Schiedsrichterentscheidungen äußern. Mit dem Tandem-Paten haben die Jung-Schiedsrichter nun einen starken Ansprechpartner an der Seite, falls es zu solchen Situationen kommt. Der Pate kann dann entsprechend einschreiten und den Jung-Schiedsrichter bei der weiteren Vorgehensweise unterstützen und stärken.

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