Cybermobbing
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GELDERLAND. Auf einmal ploppt eine Nachricht auf dem Smartphone auf: „Du bist hässlich”. Was am Anfang noch wie ein unbedeutsamer Streich wirkt, kann mit der Zeit zu einer Höllenqual für den Betroffenen werden. Herzlich willkommen im Zeitalter des Cybermobbings.

Laut einer Studie des Medienpädagogischen Forschungsverbundes Südwest ist jeder fünfte Jugendliche von Cybermobbing betroffen. Eine Zahl, die für Birgit Saebisch und Nils Kames vom Jugendheim Issum nicht einfach hinnehmbar ist und der sie ihre Aufmerksamkeit widmen möchten. Genau deshalb haben die beiden für die Diskussion im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Was nervt” auch bei diesem Mal das Thema Cybermobbing gewählt. Ein Thema, das die Kinder bewegt, wie sich sehr schnell herausstellt.

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PLING: Du kannst doch sowieso nichts.

Zu Beginn jedoch ein paar Fakten: Von Cybermobbing ist die Rede, wenn jemand absichtlich und systematisch über einen längeren Zeitraum im Internet beleidigt, bedroht und fertig gemacht wird. Erschreckend: Laut der Studie hat mehr als jedes zehnte Opfer sogar Selbstmordgedanken. Dass das nicht bloß leere Zahlen sind, sondern dass diese Zahlen der Realität entsprechen: „Man fragt sich manchmal nur, was man falsch gemacht hat”, erklärt Vanessa, die in die fünfte Klasse geht. Dass der Fehler nicht bei den Opfern, sondern bei den Tätern liegt, ist für viele der Jugendlichen nicht begreifbar. Es zählt nur der Augenblick und in diesem sind die Opfer den Tätern hilflos ausgeliefert: „Cybermobbing kriegen die Bezugspersonen, bei denen man sich Hilfe holen könnte ja oft nicht mit und außerdem weiß man nicht, wer dahintersteckt”, erklärt Marvin. Genau darin sieht Saebisch auch ein großes Problem: „Die Anonymität im Netz bringt die Täter oft dazu, noch gemeiner zu werden, weil sie die unmittelbare Reaktion des Opfers nicht mitbekommen.” Zudem gebe es keine „Auszeit” vom Mobbing: „Es geschieht rund um die Uhr”, so Saebisch. Das Smartphone in den Händen wird zur tickenden Zeitbombe.

PLING: Du bist nutzlos.

Auch Kevin hat diese Erfahrung schon gemacht: „Mich hat mal jemand bei Instagram angeschrieben und gesagt, ich sei behindert, das hat mich total verletzt. Ich kann mit so etwas nicht umgehen.” Konkret wurde er von zwei Personen stark gemobbt und bedroht: „Die haben mir gesagt, dass sie mich zusammenschlagen werden und da bringt es auch nichts, ihnen zu sagen, dass sie aufhören sollen.” Verbitterung ist in seiner Stimme hörbar: „Die Sachen, die mir manchmal passiert sind, waren so schlimm, dass ich nicht mehr klar denken konnte.” Schweigen auf Seite der Erwachsenen. Saebisch seufzt: „Mobbing gab es ja schon immer, aber es hat jetzt eine andere Dimension angenommen. Selbst wir sind da sehr hilflos.”

PLING: Mir wäre es an deiner Stelle peinlich zu leben.

Generell sei es schwierig, Bezugspersonen über das Mobbing zu unterrichten: „Wenn man zur Lehrerin geht, heißt es oft, dass man eine Petze ist”, weiß auch Vanessa.

Dennoch rät die Polizei trotzdem dazu, mit den Eltern über solche Vorfälle zu reden und vorsichtig mit den eigenen Daten umzugehen: „In Bezug auf Cybermobbing rate ich, möglichst wenig Daten von sich in den sozialen Netzwerken wie Instagram, Tiktok oder im Status von Whatsapp von sich preiszugeben. Freundschaftsanfragen sollten in jedem Fall auf Echtheit geprüft werden. Die Privatsphäre Einstellungen innerhalb der sozialen Netzwerke sollten unbedingt auf „privat” gestellt werden”, rät Kriminalhauptkommissar Stefan Hellwig.

Nicht selten werden Kinder und Jugendliche nicht nur über Soziale Medien gemobbt, sondern auch über Chats in Spielen. Bestes Beispiel „Fortnite”: „Darüber werden allerdings nicht nur Beleidigungen geäußert, sondern auch Kinder sexuell belästigt: „Auch Erwachsene haben hier die Möglichkeit sich als Jugendliche auszugeben und es kommt somit leichter zu Kontakt”, verrät Hellwig. Konkrete Fälle im Kreis Kleve habe es bereits gegeben.

Saebisch und Kames sehen in all diesen Entwicklungen große Probleme: „Die bestehenden Grenzen aus der Realität werden in der virtuellen Welt immer mehr negiert. Die Kinder stumpfen ab und irgendwann wird es normal, andere Kinder zu mobben”, erklärt Saebisch.

PLING: Du solltest dich besser umbringen.

Auf Wiedersehen, du schöne, neue (digitale) Welt! Sarah Dickel

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