Pendel kennt keine Sommerzeit

H. Peter Feldmann macht aus antiken Uhrwerken individuelle Schmuckstücke, um Altes zu bewahren

XANTEN. Die Uhr vor- oder zurückstellen – obwohl die Deutschen seit 1980 zwischen Sommer- und Winterzeit unterscheiden, scheint die Frage immer noch zu Diskussionen zu führen. Um sie sofort zu klären: In der Nacht von Samstag, 30. März zu Sonntag, 31. März wird die Uhr um eine Stunde vorgestellt. Sie bringt die Sommerzeit und mit ihr die hellen langen Abende. Die Deutschen mögen sie und votierten bei der Umfrage der Europäischen Union mehrheitlich dafür, sie ganzjährig beizubehalten. Doch wie es im Moment ausschaut, wird der Wechsel wohl erst 2021 abgeschafft.

H.Peter Feldmann vor einer Original Amerikanischen Wanduhr, die zwischen 1860 und 1870 angefertigt wurde. Die rechte Uhr ist aus Eichenholz, verziert mit vergoldeten Applikationen von Justitia.
NN-Fotos: Lorelies Christian

Den Uhren ist die willkürliche Festsetzung ziemlich egal, die alten (manuellen) müssen per Hand vor- oder zurückgestellt werden, die Funk­uhren erhalten das passende Signal und stellen sich automatisch um. Im Hause Feldmann in Birten wird sich der Hausherr höchstpersönlich um die richtige Zeiteinstellung kümmern. Und das ist nicht in fünf Minuten getan. Schließlich hat er mehr als 20 Uhren – dabei muss man sofort hinzufügen, dass es nicht in erster Linie Zeitmesser sind, sondern Schmuckstücke, Unikate, echte Hingucker. Der 77-Jährige sammelt seit rund 30 Jahren antike Uhrwerke, repariert diese bei Bedarf und fertigt passende Gehäuse dazu an. Es ist sein Hobby, mit dem er etliche Stunden verbringt. Mit großem Bedauern stellt er fest, dass das Uhrmacherhandwerk mehr und mehr ausstirbt. „Es gibt viele Menschen, die alte Uhren erben und gerne im funktionsfähigen Zustand als Erinnerungsstück in ihrer Wohnung aufhängen. Doch leider suchen sie oft vergebens einen Fachmann, der sie repariert oder wartet“, weiß Feldmann, der häufig von Leuten angesprochen wird. „Ich bin inzwischen 77 Jahre, ich möchte mich vielen persönlichen Dingen widmen und auf Dauer keine Aufträge mehr annehmen“, bittet er um Verständnis, fordert aber gleichzeitig auf: „Bewahren und weiter nutzen, das ist meine Devise“. Voller Respekt spricht er von der Handwerkskunst: „Frühere Uhrenbauer verstanden es die Begehrlichkeit und den Kunstsinn bei der Herstellung von Uhrwerken und deren Gehäuse zu betonen.“

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Diese Standuhr hat seinen festen Platz im Wohnzimmer. Das Gehäuse ist komplett selbst angefertigt, das Uhrwerk mit vier verschiedenen Melodien ausgestattet. Sechs Jahre Arbeit für H.-Peter Feldmann!
NN-Foto: L. Christian

Das hat ihn schon immer fasziniert, obwohl er ursprünglich Karosseriebauer gelernt hat, dann studierte und auch noch Maschinenbautechniker wurde. Bis zur Rente war er Stabsstellenleiter im Verbundbergwerk Rheinland in Moers / Kamp-Lintfort. „Für mich war es ein Ausgleich neben der Arbeit auch etwas mit den Händen zu erschaffen“, begründet Feldmann seine Motivation, sich mit Uhren zu beschäftigen. „In meiner Kindheit gab es kein fertiges Spielzeug, wir haben gelernt, uns selbst was zu basteln aus Alltagsdingen“, blickt er zurück und ist dankbar, dass sein Augenlicht perfekt ist, seine Finger geschmeidig, so dass er auch heute noch die filigranen Arbeiten durchführen kann. Rund zwei Stunden zieht er sich täglich in seine Werkstatt zurück. Er schmunzelt: „Immer wieder hört man, es gäbe keine Ersatzteile mehr. Doch ich kann aus einem großen Fundus schöpfen, da ich schon immer alles gesammelt habe, was man vielleicht noch mal irgendwann gebrauchen kann. So habe ich keine Schwierigkeiten auch alten Uhren wieder neues Leben einzuhauchen.“
Und wie sie leben: Sie ticken in wohlklingendem Ton, manche spielen eine Melodie zur vollen Stunde, der Pendel macht sein eigenes Geräusch, es beruhigt und es würde fehlen, wenn die Uhr still steht. Zu jedem Unikat kann Peter Feldmann eine eigene Geschichte erzählen. Mit viel Liebe zum Detail gibt er seinen „Schätzen“ ein eigenes Gesicht. Manchmal erkennt man nicht mal, dass sich noch eine Schublade im Gehäuse zur Aufbewahrung des Schlüssels befindet. Verschiedene Hölzer wie Mahagoni, Kirsche, Birne, Eiche sind verarbeitet, Glasgehäuse lassen den Blick aufs Uhrwerk zu. Die Pendel sind auch schon mal mit blinkenden Kristallen verziert – eine einzigartige Sammlung.
Feldmann gewährt auch Einblick auf seiner Internetseite www.nr-feldmann.de

 

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