Ohne Ziele keine Wege

    Faik Selimi ist 35 Jahre alt. Er hat es geschafft. Er ist stolz. Selimi ist Roma aus Serbien und das, was man einen Familienmensch nennen würde.

    1991, Faik war acht Jahre alt, kam er mit Familie nach Deutschland. Eigentlich müsste man bei einem Achtjährigen den Satz umkrempeln: Seine Familie – Vater, Mutter, Schwester Jelena und Bruder Igor – kam nach Deutschland. Faik war dabei. „Wir hatten schon damals viele Verwandte in Deutschland“, erinnert sich Selimi. Zwei Jahre blieb die Familie, dann ging es zurück in die Heimat. „Das hatte etwas mit meinen Großeltern zu tun. Die sind da geblieben und brauchten Pflege.“ Sechs Jahre blieben Selimi und die Familie in Serbien und erlebten auch den Krieg dort. „In unserer Nähe war eine Kaserne und wir haben erlebt, wie Bomben fielen und die Soldaten in den Kampf zogen.“

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    Im Jahr 1999 folgte dann der zweite Aufbruch Richtung Deutschland. Diesmal sollte es endgültig sein. (Neues Jahrtausend – neue Heimat.) „Natürlich ist Serbien auch meine Heimat – ich bin dort aufgewachsen“, sagt Selimi, aber eigentlich ist Deutschland zur Heimat geworden. Den deutschen Pass muss er noch beantragen. Längst hat Selimi selbst Familie. Das familiäre Universum reicht von Bedburg-Hau bis Kleve. „Wir – also meine Frau und die Kinder – wohnen in Bedburg-Hau; meine Eltern wohnen in Kleve. Verwandte haben wir in ganz Deutschland.“

    Wenn Selimi sich erinnert, sagt er: „Ich hatte immer Ziele. Du erreichst nichts, wenn du keine Ziele hast.“ Die Philosophie: Ohne Ziel kein Weg. Das passt irgendwie zu einem, der am Flughafen arbeitet. Selimis Ziele waren: Ein Job, ein Leben in einem sicheren Land, eine Familie. Momentanes Fazit: Alle Ziele erreicht. Seit 2003 arbeitet Selimi am Flughafen in Weeze – hat es mittlerweile zum Schichtleiter bei der Flugzeugabfertigung gebracht. „Ich habe einen tollen Job und tolle Kollegen“, sagt er nicht ohne Stolz. „Wir sind zuständig für das Be- und Entladen der Maschinen und für das Push-Back.“ Push-Back? Das ist der Punkt, an dem der Flieger quasi am Haken aus der „Parklücke“ „gepusht“ (also: geschoben) wird. Selimi arbeitet also im Sicherheitsbereich. „Da musst du sauber sein wie Quellwasser“, sagt er. So viel zum Thema Job.

    Nun zur Familie: Längst ist Selimi verheiratet. Seine Frau stammt aus Polen. Kennengelernt haben sie sich durch Zufall. „Ich habe sie damals beim Shoppen gesehen und es hat sofort gefunkt.“ Mittlerweile haben die beiden drei Kinder: „Sara ist 13, Samuel ist neun und Raim ist drei Jahre alt.“ Raim heißt übrigens Selimis Vater. „Amtssprache“ bei den Selimis: Deutsch. „Wir sprechen zu mehr als 90 Prozent Deutsch.“ Die beiden Älteren sprechen auch Papas Sprache. „Polnisch wird eigentlich nicht gesprochen.“ Selimis Frau hat die Sprache des Mannes gelernt und auch seine Religion angenommen – ist Muslima geworden. „Der Glaube spielt eine wichtige Rolle“, sagt Selimi.

    Auch das dritte Ziel – Leben in einem sicheren Land – hat Selimi erreicht. Und jetzt? Meine Frau hat vor Kurzem eine eigene Firma gegründet. (Es geht um Gebäudereinigung.) „Ich bin froh, wenn wir unser Leben so weiter führen können wie bisher“, sagt Selimi. Dass alles läuft wie es läuft hat auch mit dem Ausländerinitiativkreis (AIK) in Bedburg-Hau zu tun. „Die haben uns sehr unterstützt.“ Irgendwann erfuhr Selimi vom AIK, dass in Weeze Leute gesucht werden.

    Wäre da noch etwas? „Ja.“ Es geht um das Herz – nicht im biologischen Sinn. Es geht um das Herz, das einer haben muss, um auch anderen zu helfen. „Meine Frau und ich haben ein großes Herz“, sagt Selimi. Wir versuchen, anderen zu helfen, wo es geht.“ Wenn es um Zukunft geht, hat Selimi einen Wunsch: „Ich fände es toll, wenn meine Tochter irgendwann Polizistin wird. „Sicherheit als Familienprodukt also. Und Serbien? Irgendwann möchte Selimi zurück in die alte Heimat, „aber nur zu Besuch. Sehen, wie es da jetzt aussieht“.

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