Für Bernd Verhoeven ist die Kuh erst dann „komplett“, wenn sie Hörner trägt. Dem Biolandwirt ist sehr wohl bewusst, das Berufskollegen dazu eine konträre Auffassung haben.NN-Foto: Gerhard Seybert

KERVENHEIM. Biobauer Bernd Verhoeven vom Rouenhof aus Kervenheim-Kervendonk benötigt kein Vorbild aus den Schweizer Bergen. Seine Überzeugung kommt tief aus seinem Innersten. Die Unterschriftensammlung von Armin Capaul bestärkt ihn noch darin. Der Biobauer aus dem Berner Jura sammelte mehr als 100.000 Unterschriften von Bürgern, die für eine Volksabstimmung am vergangenen Sonntag reichten. Die Schweizer durften über einen neuen Passus für ihre Verfassung abstimmen. Armin Capaul, der von einigen Mitmenschen als wunderlich belächelte, wollte erreichen, dass Bauern, die Kühen und Ziegen ihre Hörner lassen, als Ausgleich eine finanzielle Unterstützung vom Staat erhalten. Denn das Halten behörnter Tiere sei aufwendiger und teuerer, so Capauls Begründung. So sieht es auch Bernd Verhoeven. Der Kervenheimer bedauert, dass sein Schweizer „Kollege“ die nötige Mehrheit in der Abstimmung verfehlte. „Die Tiere benötigen durch ihre Hörner mehr Platz im Stall. Das bedeutet für ihre Halter, dass sie wenigere Tiere halten können und damit auch ihr Ertrag aus Milch und Fleisch geringer ist“, erklärt Verhoeven.

Für Bernd Verhoeven ist die Kuh erst dann „komplett“, wenn sie Hörner trägt. Dem Biolandwirt ist sehr wohl bewusst, das Berufskollegen dazu eine konträre Auffassung haben.NN-Foto: Gerhard Seybert

Diese Haltung sei weniger rentabel. „Wir Biobauern wollen unsere Tiere nicht den Produktionsbedingungen anpassen. Das muss umgekehrt passieren.“ Für ihn ist es zudem eine ethische Frage, den Tieren „ihre Waffen“ zu lassen. Verhoeven schließt sich der Argumentation des Demeter-Bio-Verbandes an. Dessen Richtlinien verbieten es den Mitgliedern, ihre Tiere enthornen zu lassen oder gar hornlose Tiere zu züchten. Ein Argument des Verbandes lautet: „Hörner sind wichtig für die Kommunikation der Tiere untereinander.“ Kühe könnten schlecht sehen, nähmen aber die Umrisse ihres Gegenübers war. Die Silhouette der Hörner ermögliche es ihnen jedoch, die Stimmung der Artgenossen zu deuten. Bernd Verhoeven zitiert wissenschaftliche Untersuchungen, wonach des in enthornten Kuhherden mehr Kopfstöße und Rangeleien geben soll als in Herden mit Hörnern. Für ihn ist das Horn einer Kuh vergleichbar mit dem einzigartigen Fingerabdruck eines Menschen. Der Kervenheimer Biobauer wünscht sich, dass Nordrhein-Westfalen zu der Regelung zurückkehrt, die unter Landwirtschaftsminister Johannes Remmel angewendet wurde. „Damals musste für jede Enthornung eine Genehmigung beantragt werden“, so Verhoeven. Aus seiner Sicht sind seine Tiere noch ein Stück privilegierter als viele ihrer Artgenossen. Sie dürfen nicht nur ihre Hörner behalten sondern auch noch den größten Teil des Jahres auf der Weide verbringen. Verhoeven lobt die echte Weidemilch über den grünen Klee. Auch die Umweltorganisation Greenpeace beschäftigt sich den Vorteilen der Weidehaltung. Sie legte bereits vor Jahren eine wissenschaftliche Studie vor, wonach die Milch von Kühen, die Gras, Heu und Grassilage futtern, deutlich mehr mehr gesunde Fettsäuren – einfach- und mehrfach ungesättigte Fettsäuren – enthält als die von Kühen, die Kraftfutter erhalten. Auf die Untersuchungen beruft sich Bernd Verhoeven. Seine Hornträger dürfen so oft wie möglich an die Luft. Und er ist sicher: „Auf der Wiese sind sie glücklich.“Gerne erklärt er Besuchern des Nikolausfestes am Sonntag, 9. Dezember, 11 bis 18 Uhr, auf dem Rouenhof mehr über Weidemilch und die Haltung behörnter Kühe

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