„Es ist ein einziges Chaos“

Gisela Knaack hat ihr Einfamilienhaus in Emmerich vermietet – und wurde Opfer von Mietnomaden

Die Heizungsanlage haben die Mietnomaden teilweise auseinandergebaut – Reiner Mertes hofft, sie reparieren zu können. Im angrenzenden Kellerraum stapeln sich Müllsäcke. NN-Fotos (3): Theo Leie

EMMERICH. Das Einfamilienhaus am Mühlenweg in Emmerich hat Gisela Knaack seinerzeit als Altersvorsorge gekauft und in den vergangenen Jahren stets ohne Probleme vermietet. „Es verfügt über eine Garage und einen Garten, es ist das richtige Häuschen für eine junge Familie mit Kind“, meint die 73-Jährige. Doch was sie in den zurückliegenden 17 Monaten erlebt hat, hat sie nicht nur Nerven gekostet, sondern auch zu großen gesundheitlichen Problemen geführt. Denn Gisela Knaack ist das Opfer von Mietnomaden geworden.

Auch die Garage ist voller Müll, und es liegt – wie im Haus selbst – beschädigtes oder zerstörtes Mobiliar herum.

Im Frühjahr 2017 stellte sich bei ihr ein junges Paar mit einem kleinen Kind vor, die das Haus in Emmerich beziehen wollten. „Ich hatte zunächst einen sehr positiven Eindruck“, erinnert sich Knaack. Zum 1. Mai begann der Mietvertrag – und damit fingen auch die Probleme an. In guten Glauben ließ sich Knaack von ihren neuen Mietern dazu überreden, die Kaution nicht sofort zahlen zu müssen und keine Miete für den ersten Monat. Mit der Folge, dass sie auch im Juni kein Geld erhielt und im Juli nur einen Teilbetrag. Dafür bekam die 73-Jährige ganz unterschiedliche Ausreden zu hören: „Mal hieß es, sie könnten wegen finanzieller Schwierigkeiten nicht zahlen, oder sie hätten das Geld versehentlich an ihren alten Vermieter überwiesen.“

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Da sie weiteren Ärger befürchtete, schrieb sie im Juli 2017 erstmals eine Kündigung – ohne Ergebnis. „Ich konnte sie weder telefonisch erreichen noch persönlich antreffen“, sagt sie. „Ich habe vielfach im Dunkeln getappt, was dort vor sich geht.“ Nachbarn hätten von großen und lauten Feiern, ebenso von Streit innerhalb der Familie berichtet.

Als sich auch die Probleme mit den Mietzahlungen fortsetzten, wandte sich Gisela Knack an den Verein Haus und Grund. Von Hiltrud Schoonhoven, Rechtsberaterin und Geschäftsführerin vom Haus- und Grundbesitzerverein Kreis Kleve, erhielt sie den Rat, ihre Mieter „per Gerichtsbescheid rauszuschmeißen“, erzählt Knaack. Die entsprechende Räumungsklage kam zum 31. Mai diesen Jahres.

Doch erst am Freitag, 2. Oktober, war es dann endlich soweit: Das junge Paar war ausgezogen, und Gisela Knaack konnte erstmals ihr Mietshaus genauer in Augenschein nehmen. Das Chaos, das sie dabei zu sehen bekam, habe ihr einen regelrechten Schock versetzt. „Das ganze Haus ist verdreckt und versifft, überall liegen Berge von Müll herum. Türen und Türrahmen sind beschädigt“, zählt sie auf. Im Bad sind auf den eingeschlagenen Spiegel die Worte „Du Verräterhure“ geschmiert, die Kücheneinrichtung ist zum Teil demoliert. „Im Keller haben sie die Heizung teilweise auseinandergenommen und das Kellerfenster eingeschlagen, um ins Haus zu kommen, als sie sich mal ausgeschlossen hatten“, hat Knaack von ihrem Partner Reiner Mertes erfahren – sie selbst habe sich noch nicht dort hinunter getraut. Auch der Dachboden ist voller Müll.

Gisela Knaack schätzt den Schaden auf 15.000 bis 20.000 Euro, hinzu kommen ausstehende Mieten von 6.000 Euro und Rechtsanwaltskosten.

Im ganzen Haus liegen Säcke voller Müll und Unrat, so auch in den Kellerräumen.

„Das ist schon ein krasser Fall, der so nicht jeden Tag vorkommt“, sagt Rechsberaterin Hiltrud Schoonhoven. Sie ahnt, dass die Mietnomaden die Gutmütigkeit von Gisela Knaack schamlos ausgenutzt haben, die sich wiederum zu spät einen Rechtsbeistand geholt habe. Ihr erster Fehler aber war: „Frau Knaack hat eine Kaution vereinbart und sich dann überreden lassen, dass diese nicht sofort gezahlt werden muss – mit dem Ergebnis, dass sie, wie die erste Miete, letztlich gar nicht gezahlt wurde. Ein solches Entgegenkommen kann schnell zu einem noch höheren Schaden führen.“ Sie rät jedem Vermieter: „Wenn die zweite Miete nicht gezahlt wurde, sollte man sofort reagieren und eine Mahnung verschicken. Ein vernünftiger Mieter wird sich dann umgehend melden und die Sache schnellstmöglich klären.“

Grundsätzlich könne man niemals völlig vor Mietnomaden sicher sein, weiß Schoonhoven. Doch es gibt ein paar Dinge, die man als Vermieter unbedingt beherzigen sollte: „Man sollte auf einer Kaution bestehen – damit kann man schon mal drei Monate überbrücken. Weiter sollte man sich über die Einkommensverhältnisse des Mieters informieren.“ Die kann in Form einer Selbstauskunft, gegebenenfalls auch einer Schufa-Auskunft geschehen. „Vielleicht kann man auch einmal mit dem früheren Vermieter sprechen“, ergänzt Schoonhoven.

Sollte man als Vermieter aber dennoch einmal an Mietnomaden geraten, so weiß Schoonhoven: „In der Regel geht es hier nur noch um Schadensbegrenzung.“ So ist es auch bei Gisela Knaack. Obwohl sie über viele Jahre ihr kleines Haus in Emmerich problemlos vermietet hat, haben sie die vergangenen Monate alle Kraft gekostet. „Ich will nicht mehr vermieten“, sagt sie. „Ich überlege nur, ob ich das Haus so verkaufe, wie es ist, oder ob ich es erst renovieren und dann verkaufen soll.“

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