Von der Klever Kegelbahn zur Rekord-Weltmeisterin

KLEVE. Wenn ein Sportler einen einfachen Weltmeister-Titel sogar noch überbieten kann, gehört er wahrlich zu den Besten seines Fachs. Auf die Klever Sportkeglerin Silke Thissen trifft das zu. Sie holte kürzlich im niederländischen Eygelshoven nicht nur zwei Weltmeister-Titel (im Einzel und im Paar-Kampf), sondern setzte im Einzel sogar noch einen Weltrekord oben drauf.

Silke Thissen (m.) ganz oben auf dem WM-Treppchen. Foto: privat

Dabei war sie mit ihren erst Würfen erst gar nicht zufrieden. Mit 117 Punkten verfehlte sie knapp ihr persönliches Ziel von 120 Punkten. Sie setzte sich am Ende des ersten Durchganges aber trotzdem an der Spitze fest. „Ich habe da schon gewusst, wenn ich einen zweiten guten Durchgang hinlege, werde ich Weltmeisterin”, sagt Thissen. Gleiches prophezeite ihr auch Trainer Stefan Blum. Am Ende holte sie über 100 Punkte mehr die Vize-Weltmeisterin und überbot mit 877 Punkten den langjährigen Weltrekord von 866 Punkten. „Das hatte ich aber zunächst gar nicht auf dem Schirm. Mit dem Weltrekord hatte ich mich zuvor nie auseinandergesetzt und hab das erst später bei der Siegerehrung erfahren”, sagt die 45-Jährige.

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Für die Kleverin, die seit ihrer Kindheit Sportkeglerin ist, war das der bislang größte Erfolg ihrer Karriere. Dem ging im vergangenen Jahr allerdings der Titel der Deutschen Meisterin voraus. „Damit habe ich mich für die WM qualifiziert”, erzählt Thissen. Verteidigen konnte sie die Deutsche Meisterschaft in diesem Jahr allerdings nicht. Sie stand lediglich auf dem Treppchen des zweiten Platzes. „Sportkegeln ist auch immer mit Glück verbunden, wer den besseren Tag erwischt. In diesem Jahr war das bei der DM eben meine Gegnerin”, sagt Thissen. Auf Platz zwei sei sie trotzdem stolz.

Noch stolzer zeigte sich wohl ihre Familie und Freunde, als Silke Thissen bei der WM in Eygelshoven antrat. „Sie haben Zuhause am Live-Stream mein Spiel mitverfolgt, weil sie nicht mitkonnten”, berichtet Thissen. Mehrere Tage verbrachte sie in den Niederlanden, während ihre Familie ihr zu Hause und in ihrem Gasthaus „Haus Ida” an der Nimweger Straße in Kleve den Rücken freihielt.

Dass sie zum Sportkegeln gekommen ist, hat die 45-Jährige zu einem großen Teil auch ihrer Familie und der elterlichen Gaststätte mit Keglerbörse zu verdanken. „Mit Kegeln bin ich groß geworden”, sagt Thissen. Im Alter von zehn Jahren fing sie an zu kegeln. „Das ist schon ziemlich früh”, weiß Thissen. Doch Erfolge feierte sie bereits in jungen Jahren und wurde beispielsweise dritte bei den deutschen Jugendmeisterschaften. „Es war schon früh zu sehen, dass Talent da ist”, sagt Thissen.

An der Wand hat Silke Thissen alle Erinnerungen an die WM festgehalten. Foto: privat

Die ganz großen Erfolge, wie die Deutsche Meisterschaft im vergangenen Jahr und die Weltmeisterschaft 2018, kamen aber erst kürzlich dazu. Bei der WM hatte das auch etwas mit ihrem Alter zu tun. „Bis 44 Jahren ist man nur bei der WM startberechtigt, wenn man in der Bundesliga spielt. Und das habe ich nie”, sagt Thissen. Dabei hätte sie aus sportlichen Gesichtspunkten durchaus in der höchsten deutschen Sportkegel-Liga spielen können. Die Kleverin entschied sich aber bewusst dagegen. „Es wäre zu viel Aufwand gewesen. Ich hätte zu einem anderen Verein wechseln und viel Fahrerei in Kauf nehmen müssen. Das wollte ich beides nicht”, sagt Thissen. Schließlich fühle sie sich bei der Klever Kegel-Sport-Gemeinschaft, dessen Vereinssitz Haus Ida ist, sehr wohl.

Einige Stunden pro Woche investiert sie trotzdem in ihr sportliches Hobby. „Wobei das schwer zu sagen ist, wie viele es sind. Ich trainiere etwa zwei Mal pro Woche auf der Bahn, ansonsten halte ich mich mit Joggen fit”, sagt Thissen. Denn beim Kegeln sei nicht nur Konzentration, sondern auch Kondition wichtig. „Wenn man 120 Mal in einem Durchgang die Kugel auf die Bahn bringt, muss man schon eine gewisse Fitness haben”, sagt Thissen. In Eygelshoven war das für die jetzige Weltrekordhalterin kein Problem, wie sie nicht nur im Einzel-, sondern auch im Paar-Wettbewerb bewies.

Kein Wunder also, dass Thissen in ihrer Keglerbörse in Kleve mittlerweile ein Star ist. „Viele unserer Kegler haben mir ihre Glückwünsche ausgesprochen. Ein paar Mal kam auch schon die Anfrage, ob ich ihnen etwas zeigen kann”, erzählt Thissen. Doch das lehne sie ab, denn in ihrem Gasthaus möchte sie einfach nur die Wirtin und nicht die Weltmeisterin sein.

 

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