Vier Jahre, sechs Monate – Urteil im Prozess gegen einen Landwirt aus Uedem

KLEVE/UEDEM. Vier Jahre und sechs Monate – so lautet das Urteil der 1. großen Strafkammer gegen einen 46-jährigen Landwirt aus Uedem, das am Donnerstag nach vier Verhandlungstagen gefällt wurde.
Der Mann hatte zwei Mitarbeiter des Kreisveterinäramts angegriffen und teils schwer verletzt, als diese eine angekündigte Untersuchung auf seinem Hof durchführen wollten. Der Angeklagte habe sich der besonders schweren räuberischen Erpressung in einem Fall und der schweren Körperverletzung in zwei Fällen schuldig gemacht, habe sich aber – nach Auffassung des Gerichts – in einer psychischen Ausnahmesituation befunden und sei in seiner Steuerungsfähigkeit erheblich gemindert gewesen.
Die Anwälte der beiden Opfer waren der Auffassung, dass es sich bei der Tat nicht um schwere Körperverletzung, sondern um versuchten Mord gehandelt habe. Dies war im Rahmen der Verhandlung mehrmals thematisiert worden. Einer der Nebenklagevertreter sagte in seinem Plädoyer: „Wenn man das hier nicht als versuchten Mord sieht, wird man das an anderer Stelle so tun.“
Die beiden Mitarbeiter – ein Tierarzt und eine Tierärztin – seien nachhaltig traumatisiert worden. Die Tierärztin konnte nach einem ersten Angriff (der Täter verletzte sie mit einer Eisenstange am Kopf) fliehen und die Polizei rufen. Bei dieser Tat sei, so das Gericht, ein Tötungsvorsatz nicht nachzuweisen.
Im Falle des Tierarztes habe eine Tötungsabsicht bestanden, allerdings sei der Täter freiwillig von seinem Mordplan zurückgetreten. Somit könne man den Angeklagten nicht wegen versuchten Mordes verurteilen.
Dem Antrag der Nebenklage, den Angeklagten wegen Fluchtgefahr zu verhaften, kam das Gericht nicht nach. „Wir gehen nicht von einer Fluchtgefahr aus“, so der vorsitzende Richter Jürgen Ruby.
Der Prozess hatte vor großem Publikum und unter erheblichen Spannungen stattgefunden. Einmal hatte Ruby mit der Räumung des Saales gedroht, als nach dem ersten Antrag der Nebenklage, dem Angeklagten den rechtlichen Hinweis zu erteilen, dass auch eine Verurteilung wegen versuchten Mordes in Betracht komme, einige Zuhörer im Saal lautstark applaudiert hatten.
Für Kopfschütteln sorgte auch die Tatsache, dass die Kammer den Angeklagten nach der Verurteilung nicht verhaften ließ. Von den vier Jahren und sechs Monaten seien durch die rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung drei Monate als abgegolten anzurechnen. Staatsanwaltschaft, Nebenklage und Verteidigung haben nun eine Woche Zeit, um gegen das Urteil Rechtsmittel einzulegen.
https://www.niederrhein-nachrichten.de/2018/08/23/schlaeft-ein-leid-in-allen-dingen/

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