Räume schaffen, um Talente und Individualität zu fördern

Wolfgang Tyssen wechselt zur Gesamtschule nach Emmerich / Selbstbestimmtes Lernen ist ihm wichtig

KLEVE/EMMERICH. Wolfgang Tyssen ist Pädagoge aus Leidenschaft. „Jeder hat Talente. Die Schule sollte ein Ort sein, an dem Talente entwickelt werden sollen”, sagt der 61-Jährige. Nach dieser Devise hat er bereits sein ganzes Berufsleben gestaltet. 24 Jahre lang war er an einer Krefelder Gesamtschule tätig, zuletzt sieben Jahre am Konrad-Adenauer Gymnasium (KAG) in Kleve. Zum neuen Schuljahr wechselt er an die Emmericher Gesamtschule und wird dort stellvertretender Schulleiter.

Lehrer Wolfgang Tyssen sucht in Emmerich nochmals eine neue Herausforderung. NN-Foto: SP

Die Montessori-Pädagogik, die einen besonderen Schwerpunkt in der Individualität und dem eigenverantwortlichen sowie selbstbestimmten Arbeiten eines Kindes legt, nimmt dabei ebenfalls in Tyssens Lehrerlaufbahn einen großen Raum ein. Am Konrad-Adenauer Gymnasium hat er zuletzt, allen Skeptikern zum Trotz, einen sehr erfolgreichen Montessori-Zweig aufgebaut, der zum Schuljahr 2017/18 dank vieler Anmeldungen sogar zweizügig ausgebaut werden konnte.

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An der Emmericher Gesamtschule möchte er an seiner Arbeit anknüpfen. „Der Montessori-Zweig am KAG läuft. Ich möchte aber gerne mehr, eine neue Herausforderung und auch in der Oberstufe nach Montessori unterrichten können”, sagt Tyssen. Das wäre an einem Gymnasium wohl schwieriger geworden. An der Gesamtschule in Emmerich dagegen nicht. „Zurzeit läuft die Schule ja erst an und hat noch keine Oberstufe. Deshalb haben wir zwei Jahre Zeit sie zu planen und Elemente der Montessori-Pädagogik mit einzubauen”, sagt Tyssen. Wichtig ist ihm dabei allerdings eines: „Wir entscheiden alles gemeinsam im Kollegium.”

Tyssen hat sich ganz bewusst auf die Stelle an der Emmericher Gesamtschule beworben. „Sie unterrichtet in der Sekundarstufe nach der Dalton-Pädagogik, die der Montessori-Pädagogik in Bezug auf ein freies, selbstbestimmtes Lernen sehr ähnlich ist”, erklärt Tyssen. So gehöre zum Schulprogramm dazu, dass fachübergreifend gelehrt wird. „Physik, Chemie und Biologie werden dabei als Naturwissenschaften oder Erdkunde, Geschichte und Politik als Geisteswissenschaften gesamt unterrichtet”, sagt Thyssen. So werde nicht nur stupides Fachwissen vermittelt, „sondern wirklich ganze Zusammenhänge, die Schüler viel besser verstehen und besser behalten können – vor allem, wenn sie dann noch mit einem praktischen Versuch verbunden werden”, weiß Tyssen.

Angesprochen fühlt sich der 61-Jährige auch von der bundesweiten Initiative „Schule im Aufbruch”, der auch die Emmericher Gesamtschule angeschlossen ist. Sie macht sich ebenfalls für mehr Potenzialentfaltung und die Stärkung individueller Talente von Kindern an Schulen stark. „Sie sieht Vielfalt als Chance an und dass Kinder nicht nur unter sich, sondern auch in verschiedenen Altersstrukturen miteinander lernen können. Das haben wir auch am Konrad-Adenauer Gymnasium umgesetzt, in dem wir Projekte hatten, an denen etwa Sechstklässler gemeinsam mit Achtklässler gearbeitet haben”, sagt Tyssen, der aufgrund schöner Erfahrungen wie diese nur schweren Herzens das Konrad-Adenauer Gymnasium verlässt: „Ich bleibe dem KAG aber weiterhin verbunden und habe dem Kollegium gesagt, dass ich ihnen mit Rat und Tat zur Seite stehe, wenn ich gebraucht werde. Immerhin habe ich in meinen sieben Jahren am KAG auch 24 Kollegen zu Montessori-Pädagogen ausgebildet.”

In den Sommerferien ist Tyssen sogar noch einmal für das Konrad-Adenauer Gymnasium unterwegs: Heute reist er nach Polen, um dort – neben einem schönen Kulturprogramm – auch eine Schule in Swinemüde zu besuchen, mit der Neuntklässler des KAG im vergangenen Schuljahr einen Briefaustausch auf Englisch durchgeführt haben. Ähnliche Projekte möchte Tyssen auch an der Emmericher Gesamtschule initiieren. „Ich habe schon Kontakt zu einer Schule in Emmerichs Partnerstadt Šilut (Litauen, Anm. d. Red.), mit denen wir vielleicht etwas ins Leben rufen wollen”, sagt Tyssen, dessen neue Arbeit als stellvertretender Schulleiter an der Emmericher Gesamtschule bereits in wenigen Tagen mit Konferenzen und einem ersten Kennenlernen des neuen Kollegiums beginnt.

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