Alles liegt mir gleich am Herzen

KLEVE. Der Satz würde sich bestens machen, wenn es um ein Konzertprogramm ginge: „Alles liegt mir gleich am Herzen“. Vielleicht müsste man – es ist so üblich – einen klärenden Nachsatz finden wie „aus dem Tagebuch eines fahrenden Sängers“. Aber: Es geht nicht um ein Konzertprogramm – zumindest um keines, das sich abend- oder nachmitagsfüllend auf eine Bühne legt. Es geht … ums Ganze.
Sigrun Hintzen, ihres Zeichens künstlerische Leiterin der Konzerte der Stadt Kleve, hat das Programm für die kommende Saison vorgestellt. Natürlich kann Frau einfach mal eine pressebegleitete Lesung mit fälligen Terminen machen, aber das wäre irgendwie langweilig. Sigrun Hintzen wäre nicht Sigrun Hintzen, wenn sie nicht mehr zu verkünden hätte.

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Variationen über ein Thema
Konzertprogramme sind – wie soll man sagen – eine Art von Passacaglia. Über einem gleichbleibenden Bass (das wären dann logistisch-finanzielle Voraussetzungen und Gegebenheiten) gilt es, Variationen zu entwickeln. Die Frage: Was gehört zu einer guten Konzertreihe? Sigrun Hintzen: „Mindestens ein Orchesterkonzert.“ Bayerisches Kammerorchester mit Todra, Vivaldi, Bach, Sarasate. [Check.] „Mindestens ein Streichquartett.“ Signum Quartett: Sprache mit Tönen – ein Kafka Projekt. [Check.] „Namhafte Solisten.“ King‘s Singers: Great Music must shine. [Check.] „Besondere Pianisten.“ Hier wäre von Fabian Müller zu berichten. „Das ist ja ein Name wie beim Jungen von nebenan“, sagt Sigrun Hintzen und fügt noch an: „Man könnte bei Fabian Müller den Eindruck haben, dass er auf dem Skateboard zum Konzert anrollt.“ Ein Ausnahmepianist ist er allemal und kommt nach Kleve mit einem Programm, das seinen Titel einem Stück von Bártok verdankt: Im Freien. Der Junge von nebenan spielt Ravel, Messiaen, Bártok, Brahms und Beethoven. Und so viel ist sicher: Auch die größten Pianisten waren ja irgendwann und irgendwo mal der Junge von nebenan.

Tickets ab Montag auch online
„Ein Schauspieler darf auch schon mal dabei sein“, zählt Sigrun Hintzen weitere Zutaten für eine gute Konzertreihe auf. Dominique Horwitz gibt sich die Ehre – zusammen mit dem Signum Quartett tritt er (siehe oben) beim Kafka-Projekt „Sprache mit Tönen auf. [Check.] Noch was? Ja freilich. Sigrun Hintzen: „Es muss natürlich auch etwas für Kinder dabei sein.“ Wie wär‘s hiermit: Ein Familienkonzert an einem Montag um 16 Uhr. Auf dem Programm: Evergreens der besonderen Art: „Hejo, spann den Wagen an“, „Drei Chinesen mit dem Kontrabass“, „Spannenlanger Hansel, nudeldicke Dirn“, „Weißt du, wie viel Sternlein stehen“. Hits dieser Sorte firmieren unter dem Premium-Siegel Volkslied. Es soll Menschen geben, die sich noch auskennen in den Liedgutschubladen. Es soll sogar welche geben, die es weiter schaffen als bis zur zweiten Strophe. Das Programm „Schöne Kinderlieder mit dem Ensemble Quadro Nuevo“ ist demnach eine Art Frischzellenkur fürs Liedgedächtnis und natürlich gleichermaßen kinder- wie erwachsenentauglich. [Check.] Dann der Satz, der alles vereint: „Mir liegt alles gleich am Herzen.“ Schon hört man die Worte gesungen. Welch ein Ohrwurm könnte das sein. Und apropos Ohrwurm: Auch der kommt vor. Es geht um „Ohrwurm … Melodie in der Neuen Musik“. Die Sopranistin Irene Kurka reist mit dem Pianist Martin Tchiba an und singt – na bitte – auch Stücke des Klever Komponisten Andreas Daams. (Aus dem Tagebuch eines Komponisten.) „Ohrwurm‘s coming home“, täten die Engländer singen.
Und sonst? Sonst gibt es noch jede Menge anderer Konzerte. Es gibt Besonderes, Abseitiges, Wunderliches, Modernes, Bewährtes, Kleines, Großes. Alles dabei. [Check.] Die Preise sind um 2 Euro gestiegen: von 16 auf 18 Euro. Kurz mal eben gegoogelt: King‘s Singers in Graz: Tickets ab 35 Euro. Vielleicht sollten die Grazer nach Kleve reisen. Günstiger wär‘s. Gut – in Baden-Baden gibt‘s die Herren „ab 15 Euro“, aber wahrscheinlich sind die günstigen Plätze längst verkauft. In Kleve gibt‘s den Komplettgenuss auf allen Plätzen nicht „ab 18 Euro“ sondern zum Pauschalpreis: Alles inklusive. Und wer‘s drauf anlegt, könnte ab Montag (endlich!) die Karten auch im Internet buchen. Könnte sein, dass die Sänger des Königs den Konzerten der Stadt Kleve schnell ein ausverkauftes Haus bescheren. Aber: Es gibt ja noch jede Menge anderer wunderbarer Konzerte. Wie muss es heißen: „Alles liegt mir gleich am Herzen.“ Die Auswahl ist riesig und das Studium des Flyers ist ein absolutes Muss.

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