Klima, gefühlt und gemessen

Neue Klima-Messstation am Naturforum Bislicher Insel liefert Vergleichsdaten zum Auswerten

XANTEN. Strahlend blauer Himmel, die Sonne scheint kräftig und doch der Wind bläst, so dass man die Temperatur eher als kühl bezeichnen möchte. Gefühlt ist das so, was sagen die Messdaten? Die neue Messstation am Naturforum Bislicher Insel liefert Werte zu Temperatur, Niederschlag, Wind, Luftfeuchtigkeit, Luftdruck und Sonneneinstrahlung, die am Computer zu Statistiken in Listen, Diagrammen, Kurven oder Windrosen zusammengefügt werden. Daten im Zehn-Sekunden-Takt erfasst lassen sich zu Mittelwerten zusammenfassen, geben Übersicht über Tag, Monat, Jahr. Eine Wissenschaft für sich, doch wozu soll sie dienen? Wettervorhersagen sind für viele Menschen wichtig, doch wozu will man wissen, wie das Wetter war?

RVR-Klimatologin Astrid Snowdon-Mahnke und Ökologe Dirk Janzen erklären die neue Klima-Messstation am Naturforum Bislicher Insel.                                                                                                     NN-Foto: Lorelies Christian

RVR-Klimatologin Astrid Snowdon-Mahnke erklärt: „Der Regionalverband Ruhr (RVR) befasst sich auch mit dem Stadtklima und den Auswirkungen auf die Stadtbewohner. Dazu brauchen wir einen Vergleich mit einer Messstation im Freiland. Diese hier am Naturforum liegt unbeeinträchtigt von Bebauung. Die Daten sind deutlich anders als die in Großstädten gemessenen.“ Gut, das ist bekannt, dass sich im Sommer die Städte schneller aufheizen. Doch die Ergänzung der Klimatologin ruft Erstaunen hervor: „Im Sommer fahren wir nachts mit unserem Messfahrzeug durch Städte, wie Essen, Duisburg, Dortmund und messen bis zu 9 Grad höhere Temperaturen im Vergleich zum Land.“ Die Erklärung, dass 9 Grad mehr nicht gerade förderlich fürs Schlafklima sind, leuchtet ein. „Angesichts unserer demografischen Entwicklung und der Tatsache, dass ältere Menschen unter Hitze mehr leiden, überlegen wir Gegenmaßnahmen bei extremer Hitze.“
Nicht nur dieser wissenschaftliche Auftrag macht die Investition von gut 6.000 Euro für die Klima-Messstation in Xanten sinnvoll. Ökologe Dirk Janzen sieht das regelmäßige Aufzeichnen von Wetterdaten auch als wichtige Grundlage, um Kindern und Jugendlichen Klima und Klimawandel begreifbar zu machen. „Wir haben einen umweltpädagogischen Bildungsauftrag. Zu unserem Naturforum kommen regelmäßig Schulklassen aus der gesamten Metropole Ruhr“, erzählt er von seinem Lehrauftrag und führt aus: „Die Schüler können das Wettergeschehen vor Ort untersuchen und auswerten. Einerseits liefert die Messstation Daten. Doch die Jugendlichen können auch mit mobilen Messgeräten in der Natur unterschiedliche Gelände erforschen, zum Beispiel im Wald, auf unterschiedlichen Untergründen, am Wasser. Diese Ergebnisse können sie am Computer auswerten.“ So lassen sich am besten persönliche Empfindungen vergleichen mit tatsächlichen Daten und man bekommt eine Idee über Zusammenhänge, wie Klimawandel globale Veränderungen herbeiführen kann. Nicht abstrakte Werte führen zum „Aha-Erlebnis“, sondern selbst gemachte Erfahrungen. Denn die Auenlandschaft der Bislicher Insel liefert zahlreiche Beispiele in Fauna und Flora. Dirk Janzen nennt nur eines: „Wir registrieren das Verhalten der Zugvögel, wann kommen sie, wie lange bleiben sie bei uns am Nieder­rhein, kehren sie überhaupt noch zurück?“ Die Augen öffnen für das veränderte Verhalten von Pflanzen und Tieren, die es teilweise schaffen, sich den neuen Klimabedingungen anzupassen oder es nicht schaffen und aussterben. Das ist ein umweltpädagogischer Lehrauftrag, den auch die Leiterin des Naturforums Bislicher Insel Dr. Ilka Weidig sehr ernst nimmt. Sie lädt bereits jetzt ein: „Besucher sind herzlich willkommen zu unserem ersten Klimatag. Er findet am 3. Juni statt. Auch der Deutsche Wetterdienst ist zu Gast. Jeder kann die neue Messstation kennenlernen und sich an den zahlreichen Aktionen beteiligen.“

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