Mehrjährige Haftstrafe für
Geiselnahme in LVR-Klinik

Die beiden Angeklagten hatten im Mai 2017 versucht zu fliehen und dabei einen Pfleger verletzt

BEDBURG-HAU/KLEVE. Als Richter Gerhard van Gemmeren am Montag das Urteil verkündete, waren die beiden Angeklagten für einen Moment still. Äußerlich nahmen die beiden 29- und 36-jährigen Beschuldigten, die im Mai 2017 versucht hatten gemeinsam aus der LVR-Klinik in Bedburg-Hau zu fliehen und dabei einen Pfleger als Geisel nahmen (die NN berichtete), die Entscheidung der zweiten großen Strafkammer des Klever Landgerichts allerdings gelassen zur Kenntnis. Die Kammer verhängte beim 29-Jährigen eine Haftstrafe von achteinhalb Jahren und beim 36-Jährigen eine Freiheitsstrafe von sieben Jahren nun sieben Monaten.

Zuvor hatten sich die beiden Angeklagten fast permanent miteinander unterhalten. Auch als der Staatsanwalt sein Plädoyer vortrug, schwiegen sie nicht. In diesem forderte der Staatsanwalt beim 29-Jährigen eine Haftstrafe von elf Jahren, die er unter anderem damit begründete, dass er bereits einschlägig wegen Gewaltdelikten vorbestraft und der Pfleger bis heute traumatisiert sei. „Er kann nicht mehr ganz alltägliche Dinge machen. Er meidet etwa Menschenmassen und Krimis im Fernsehen. Vor allem aber kann er bis heute nicht wieder arbeiten und das haben die Angeklagten zu verantworten”, so der Staatsanwalt. Aufgrund der zahlreichen Vorstrafen des 29-Jährigen könne mittlerweile sogar über eine Sicherungsverwahrung nachgedacht werden.

-Anzeige-

Der Anwalt des 29-Jährigen ging in seinem Plädoyer vor allem auf die Biografie seines Mandanten ein. Dieser sei schon als Baby drogensüchtig auf die Welt gekommen, da seine Mutter Rauschgift konsumiert habe. Das, was den vielen Haftstrafen seines Mandanten gefolgt sei, sei dann ein „Offenbarungseid der Resozialisierungssysteme gewesen”. Weder der vom Gericht angeordnete Drogen-Entzug, den er ebenso wie der 36-jährige Anklagte bis Mai 2017 zum wiederholten Male in der forensischen Psychiatrie in Bedburg-Hau absolvieren sollte, noch eine Führungsaufsicht hätten auf Dauer wie gewünscht geholfen.

Beide Beschuldigten hatten am ersten Prozesstag im Januar die Tat bereits vollumfänglich gestanden. Demnach haben sie am späten Abend des 25. Mai bewaffnet einen Pfleger als Geisel genommen, um aus der forensischen Psychiatrie zu fliehen. Dabei haben sie dem Pfleger gedroht, ihn zu töten. Der 36-Jährige schnitt dem Pfleger zudem ins Ohr, wobei er vor Gericht beteuerte, dass er niemals vorhatte, dieses abzutrennen.

Der Pfleger trug außerdem noch Verletzungen am Kopf und am gesamten Körper davon, die durch Schläge und Tritte verursacht wurden. Der Rechtsanwalt des 29-jährigen Angeklagten verglich die Situation auf dem mit hohen Mauern gesicherten Innenhof der Forensik mit einem „Löwen mit seiner Beute im Käfig”. Während sein Mandant nicht fliehen konnte und später von der Polizei im Innenhof festgenommen wurde, schaffte es der 36-Jährige hingegen über die Mauern zu klettern und zu entkommen. Er wurde einige Tage später in seiner Heimatstadt Bonn festgenommen.

Dass der 36-Jährige etwas milder verurteilt wurde, hing besonders mit seinen geringer gewichtigen Vorstrafen zusammen. Ende des Jahres wäre er voraussichtlich wieder auf freiem Fuß gewesen, während der 29-Jährige ohnehin noch eine mehrjährige Haftstrafe zu verbüßen hat. „Die sitzt er bis auf den letzten Tag ab”, sagte sein Anwalt. Derzeit befindet er sich aufgrund der Geiselnahme in einem Hochsicherheitstrakt einer nordrhein-westfälischen Justizvollzugsanstalt, wo er auch weiterhin bleibt.

Die Urteile sind noch nicht rechtskräftig.

Vorheriger ArtikelKarneval Kervenheim 2018
Nächster ArtikelRadfahrerin bei Zusammenstoß mit PKW schwer verletzt