Ursula Hölz (l) hat vor Ort gesehen, wie wichtig die Hilfe für bedürftige Familien immer noch ist. Foto: privat

NIEDERRHEIN. Am Anfang eines jeden Jahres zieht Heribert Hölz Bilanz und das nicht nur im übertragenen Sinne. Vielmehr möchte er den vielen Spenderinnen und Spendern am Niederrhein offen und transparent darlegen, wofür die von ihm gegründete Bosnienhilfe der Caritas das Geld einsetzt.

143.000 Euro waren es 2017. Davon entfielen 30.000 Euro an die Suppenküche in Zenica. „Das ist eine Stadt mit 130.000 Einwohnern und 70 Prozent Arbeitslosigkeit“, berichtet Hölz, „in der Suppenküche werden jeden Tag 121 Essen gekocht.“ Für die Alten-und Krankenhilfe in zwei kleinen bosnischen Städten und die dort anfallenden Kosten für zwei Krankenschwestern, Medikamente und den Arzt wurden 25.000 Euro aufgewendet. Ebenfalls 25.000 Euro wurden für die Familienpatenschaften eingesetzt. Hier erhalten bedürftige Familien ein Jahr lang jeden Monat 25 Euro; 70 bis 80 Familien werden so unterstützt.

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Die Spender dürfen „ihrem“ Schaf einen Namen geben. Heribert Hölz (l) schickt immer ein Foto nach Deutschland.Foto: privat

Mit aus der Taufe gehoben hat Heribert Hölz eine Bauerngenossenschaft in Bosnien. Kleinbauern haben sich zusamengetan, um ihre eigenen Felder und von Nachbarn verlassenes Land wieder zu bearbeiten. Dafür brauchten sie entsprechende Geräte, deren Anschaffung mit 15.000 Euro unterstützt wurde. „Das ist Hilfe zur Selbsthilfe“, bekräftigt Heribert Hölz. 8.000 Euro gingen an das Schaf-Projekt (die NN berichteten bereits mehrfach). Familien erhalten fünf Muttertiere und einen Bock, um sich eine Schafherde aufbauen zu können. So können sie sich selbst versorgen und mit der Nachzucht Geld verdienen. „Das Projekt ist vor allem für Kinder griffig“, erzählt Hölz. Schulklassen oder Kindergartengruppen sammeln Geld und dürfen dann „ihr“ Schaf taufen. Vor Ort in Bosnien macht Heribert Hölz ein „Beweisfoto“ mit der Namenstafel für die Spender in Deutschland. Ein Muttertier kos­tet immerhin 130 Euro, ein Bock 150 Euro. Besonders freut sich der 75-Jährige über einen Anruf, den er vor kurzem erhielt. Der Kevelaerer Ortsverband von Bündnis90/Die Grünen will eine Schafherde spenden. „Sie wollen bewusst ein kleineres Projekt unterstützen“, so Hölz.

Auch in Ausbildung wird investiert. 5.000 Euro gingen an zwei bosnische Schulen, in denen Schüler auch wohnen können. Oft können sich die Eltern das Schulgeld nicht leisten; dafür ist das Geld gedacht. Andere Pos­ten waren Medikamente (3.000 Euro), Winterhilfe, zum Beispiel Brennholz (5.000 Euro) und Hausrenovierungen (6.000 Euro). Der Posten „einmalige Nothilfe“ schlug mit 12.000 Euro zu Buche. „Das ergibt sich immer erst vor Ort“, erklärt Hölz, „da werden auf meinen Reisen Anfragen an mich herangetragen.“ 8.000 Euro sind übrig geblieben, diese Rücklage hat Hölz mit ins neue Jahr genommen.

„Es ist erstaunlich, dass es immer noch alles funktioniert“, schaut er auf inzwischen 26 Jahre Bosnienhilfe zurück. Allerdings werden keine Lkw-Transporte mit Hilfsgütern mehr organisiert. Das wurde für ihn und die Helfer einfach zu anstrengend, der letzte Transport fand Ende 2013 statt. So ist Hölz zur Verteilung der Geldspenden übergangen. Aktuell steht in der zweiten Aprilhälfte dieses Jahres die 88. Reise auf dem Programm. Außerdem werden er und seine Frau Ursula ein Projekt wieder aufnehmen, das sie eigentlich vor drei Jahren ad acta gelegt hatten: den Verkauf von selbstgemachter Marmelade. Nach 65.000 Gläsern im Lauf der Jahre und Einkochen von Mai bis Oktober, wollte Ursula Hölz sich nicht mehr an den Herd stellen. Doch als die 76-Jährige im vergangenen Jahr ihren Mann bei zwei Bosnien-Reisen begleitete und das Elend der armen Bevölkerung sah, konnte sie nicht anders. Ab dem Sommer stapelten sich dann wieder die Gläser in der Garage. „Das passt das Auto nicht mehr rein“, lacht Hölz. Verkauft wird die Marmelade an die Nachbarn, in den Pfarrgemeinden und auf kleinen Märkten. „Es ist kein Problem, die Marmelade an den Mann zu bringen“, weiß Heribert Hölz aus Erfahrung. Das Obst der Saison wird ihnen meist gespendet und oft heißt das, dass sie es vorher noch selber pflücken gehen.

Frustration ist ein Fremdwort für den 75-Jährigen. Er weiß: „Wenn ich nicht mehr hinfahre, wird Bosnien nicht zusammenbrechen, aber viele Menschen wären um eine Hoffnung ärmer.“ Und er lässt sich auch nicht von der Aussicht entmutigen, dass sich seiner Meinung nach auf lange Sicht nichts an der prekären Situation in Bosnien ändern wird: „Wer kann, der geht weg“, hat er beobachtet. Viele junge, gut ausgebildete Leute fänden einfach keine Arbeit. „Die sind froh, wenn sie abends kellnern können.“ Die Hilfe sei immer noch notwendig, es werde eher schwieriger. Das ist die Motivation, die ihn antreibt und die ihn trotz seines Alters weitermachen lässt, so lange es geht. „Das ist doch eine zutiefst menschliche Aufgabe, denen zu helfen, die Hilfe brauchen.“ Und er freut sich, dass es so viele Leute gibt, die es der Bosnienhilfe überhaupt erst möglich machen, sich zu engagieren. Jede Spende helfe, auch die der Rentnerin, die jeden Monat zehn Euro gibt.

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