Früher war alles besser. Da wurde auf dem Bauernmarkt in Winnekendonk auch noch geküsst .Foto: privat

WINNEKENDONK. Das sieht ja alles sehr übersichtlich aus, denkt der langjährige Kunde des Winnekendonker Bauernmarktes seit einigen Wochen und erinnert sich wehmütig an die Zeiten, als auf dem Markt ein reges Treiben herrschte, als 150 bis 200 Kunden hier freitags einkauften. Einsam, eher trotzig, stehen die zwei verbliebenen Beschicker an ihren Marktständen und warten auf Kundschaft. Der „freilaufende Bauer Heinrich“ bietet mehrere Sorten frischer Kartoffeln sowie „saftige, freihängende Äpfel von Raadts“ an. Am Stand seines Kollegen Bernd Verhoeven vom Rouenhoff aus Kervenheim sind Rübenkraut, Honig, Eier, Brot, Käse in zig-Variationen sowie Fleisch vom Rind, Schwein, Kalb und Lamm erhältlich. Alle Produkte stammen aus der Region und werden in Bioqualität angeboten. „Die Kunden stimmen mit den Füßen ab“, sagt Bernd Verhoeven. „Ich finde es schade, dass sie unseren regionalen Ansatz wohl nicht verstehen.“ Bernd Verhoeven wird nicht müde, das regionale Produzieren, Anbieten und Kaufen zu preisen. Den Menschen seien globale Zusammenhänge nicht klar. Zum Beispiel, dass regionales Einkaufen den Regenwald schone.

Früher war alles besser. Da wurde auf dem Bauernmarkt in Winnekendonk auch noch geküsst .Foto: privat
Früher war alles besser. Da wurde auf dem Bauernmarkt in Winnekendonk auch noch geküsst
.Foto: privat

Einen wichtigen Anlaufspunkt für Bauernmarkt-Kunden bildete stets die üppig bestückte Kuchentheke. Hier versorgten sie sich für das Wochenende mit den selbstgebackenen Köstlichkeiten der Anbieterin und kauften zudem Obst, Gemüse, Kartoffeln, Käse, Fleisch an den anderen Ständen. Die Kuchenanbieterinnen wechselten, die letzte kam nur sporadisch, zudem stießen ihre Preise bei Kunden auf Kritik, erfuhren die Niederrhein Nachrichten bei regelmäßigen Einkäufen auf dem Markt. „Regionale Vermarktung lebt nicht vom Kuchen“, kommentiert Bernd Verhoeven. Mit Verschwinden des Kuchenstandes ging die Anzahl der Kunden zurück. Dennoch will Verhoeven die Fahne der regionalen Vermarktung in Winnekendonk aufrecht halten: „Sie ist mir ein Herzensanliegen“. Für ihn lohnt es sich offenkundig, auf dem Alten Markt zu stehen. „Wir sind nicht unzufrieden“, sagt er und zitiert die neue NRW-Landwirtschaftsministerin Christina Schulze Föcking: „Regional ist das neue Bio.“ Der Rheinische Bauernmarkt in Winnekendonk besteht seit 16 Jahren. Den Ausschlag zu seiner Gründung gab die „Lokale Agenda 21“. In den Jahren 2000 und 2001 waren in Kevelaer im Rahmen der Zukunftskonferenz und mittels Bürgerbeteiligung Ideen und Projekte für eine nachhaltige Entwicklung die Stadt erarbeitet worden. Zur Förderung ökologischer Strukturen wurde die Realisierung eines Bauernmarktes vorgeschlagen. Ein Dutzend Landwirte und Gärtner sowie ein Vertreter der Stadt Kevelaer gründeten am 6. Oktober 2001 den „Rheinischen Bauernmarkt Winnekendonk e.V.“ Die Pflege der regionalen und der saisonalen Landwirtschaft, die Erhaltung der Artenvielfalt sowie den Klimaschutz durch Vermeidung unnötiger Transportwege hatten sie sich zum Ziel gesetzt. Zudem wollten sie ihre Kunden auch über Anbau, Düngemittel und Methoden zur Aufzucht von Schlachttieren informieren. Als Standort wählten sie den Alten Markt in Winnekendonk, wegen „seiner guten Wahrnehmung aufgrund des Durchgangsverkehrs nach Kevelaer und zur Autobahn A 57“, lautete damals die Begründung. Angeboten wurden Produktn aus konventionellem Landanbau, aus kontrolliert integriertem Anbau und aus kontrolliert ökologischem Landbau. Mehrfach wurde der Rheinische Bauernmarkt Winnekendonk ausgezeichnet. Im Rahmen der Kampagne „futureeins“ wurde er 2015 von der Verbraucherzentrale NRW mit der „Nachhaltigkeits-Eins“ ausgezeichnet. In 2007 gehörte er zu den Preisträgern eines WDR-Wettbewerbs zu Bauernmärkten in Nordrhein-Westfalen. Im Jahr 2009 kürte die „Genussregion Niederrhein“ den Rheinischen Bauernmarkt Winnekendonk in der Kategorie „Erzeuger – Verarbeiter – Vermarkter“ zum Sieger. Der nächste Preis kam 2011 mit dem Marketingpreis der Stadt Kevelaer im Bereich Nachhaltigkeit“ und „Regionalität. „Nachhaltigkeit ist eine Lebenseinstellung“, sagten damals stellvertrend für alle Bauernmarkt-Beteiligten die Herren Schoofs, Hendricks, Verhoeven und Looschelders. Jürgen Hendricks, lange aktiv im Bauernmarkt-Verein und Ratsmitglied in Kevelaer, sagt heute: „Aufgrund der sich abzeichnenden Entwicklung im Bereich der Lebensmittelmärkte und des damit verbundenen Lebensmittelangebotes, fällt es mir schwer, an den Fortbestand der Rheinischen Bauernmärkte zu glauben. Es gibt viele Gründe: nicht nur wirtschaftliche sondern auch politische Entscheidungen, die scheinbar das Aus für diese volkstümlichen Märkte bedeuten. Die Gemüsemärkte gehen überall zurück und werden dadurch immer unattraktiver. Dies hängt auch damit zusammen, dass Discounter, aber auch Supermärkte ihr Gemüsesortiment um die Attribute „regional und saisonal“ ausgeweitet haben und dies auch beim Biogemüse! Dazu kommt, dass wie in Kevelaer, befeuert von der Politik, immer weitere Verkaufsflächen im Außen- und Randbereich genehmigt werden. Edeka hat angekündigt den Markt auf der Feldstraße in Kevelaer zu erweitern, plant gleichzeitig, unter Einbeziehung einer angrenzenden Fläche, einen zusätzlichen Markt von 2.000 Quadratmetern auf dem Antwerpener Platz. An der Ladestraße ist ein Lebensmittelmarkt in der Planung, Aldi wird einen neuen Markt auf der Walbecker Straße in Betrieb nehmen und Lidl will erweitern. Diese Entwicklung ist nicht nur in Kevelaer, sondern auch deutschlandweit zu beobachten. Dieser Trend, dem damit auch ein Stück Kulturgut zum Opfer fällt, sollte meiner Auffassung nach schnellstens beendet werden.“

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