„Meine zweite Heimat
könnte hier sein“

Auftaktveranstaltung der diesjährigen bundesweiten Caritas-Kampagne in Kevelaer – Donia Basal aus Syrien erzählt von ihrer Ankunft in Deutschland

KEVELAER. Sie gilt als Paradebeispiel einer gelungenen Integration, schreibt die Caritas. Doch obwohl die 26-jährige Donia Basal, die aus ihrer Heimat Aleppo fliehen musste, mittlerweile 18 Monate in Deutschland ist und es in dieser Zeit zur Sprach- und Kulturvermittlerin bei der Caritas in Straelen-Wachtendonk geschafft hat, fühlt sie sich immer noch hin- und hergerissen. Deshalb fällt es ihr nicht leicht, zu erklären, was die diesjährige bundesweite Kampagne der Caritas „Zusammen sind wir Heimat“ für sie persönlich bedeutet. Dabei ist sie eine von vielen Beispielen, wie ein Miteinander gelingen kann.

Die 26-jährige Donia Basal erzählt während der Auftaktveranstaltung der Caritas, was „Heimat“ für sie bedeutet. NN-Foto: Anastasia Borstnik
Die 26-jährige Donia Basal erzählt während der Auftaktveranstaltung der Caritas, was „Heimat“ für sie bedeutet. NN-Foto: Anastasia Borstnik

Als die junge Syrerin ans Pult tritt, wird es im vollbesetzten Gastraum des ehemaligen Kevelaerer Sporthotels, nun Flüchtlingsunterkunft Schravelsche Heide, still. Sie blickt auf den Zettel vor sich und beginnt, sich vorzustellen. Nur wenige stockende Sätze und eine Entschuldigung, dass ihr Deutsch nicht so gut sei, dann wendet sie sich vom Zettel ab. Basal möchte nicht ablesen, möchte lieber Fragen aus dem Publikum beantworten.

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Wie es für sie angefühlt hat, in Deutschland anzukommen? „Als ich nach Deutschland kam, war mein erster Gedanke: Ich will hier weg. Aber nun bin ich stolz, hier zu sein“, erzählt die 26-Jährige aus Geldern und ergänzt: „Es ist sehr schwierig, hier zu sein, mit der Zeit wird es aber besser.“

Was sie mittlerweile mache? „Ich habe als Ehrenamtliche in Herongen angefangen und in Arabisch und Englisch übersetzt. Nun bin ich bei der Caritas. Ich bin nicht nur Dolmetscherin und begleite Flüchtlinge zu Behörden oder ins Krankenhaus, sondern bin auch Kulturvermittlerin.“ Dabei merke sie oft, dass es nicht einfach sei, zu vermitteln, da jeder im ersten Schritt in Stereotypen denke. Wichtig sei ihr deshalb, dass Neuankömmlinge sich aktiv in die neue Gesellschaft einbringen müssen, wenn sie etwas erreichen möchten – so wie sie. „Wer nur auf Hilfe wartet, hat es schwer, in Deutschland eine neue Heimat zu finden“, betont sie. Die junge Frau ging und brachte sich selbst Deutsch bei, bevor der erste Sprachkurs überhaupt anfing.

Und was bedeute nun Heimat für sie? „Heimat ist ein großes Wort“, sagt die gebürtige Syrerin nachdenklich. „Für mich ist Syrien meine Heimat, da will ich nicht lügen, aber meine zweite Heimat könnte hier sein. Ein Teil dieses Landes zu werden, dafür braucht es ein großes Herz.“  Und die neuen Freunde und Kollegen helfen ihr dabei, endlich in Deutschland anzukommen: „Ich bin froh, hier zu sein. So sind wir zusammen Heimat“, sagt sie lächelnd ins Publikum.

Aus diesen und aus vielen weiteren Gründen hat die Caritas dieses Motto gewählt, betont Diözesancaritasdirektor Heinz-Josef Kessmann: „Der Charakter der uns zu leistenden Arbeit hat sich geändert. Wir müssen tiefgehende Fragen der Integration beantworten, denn sie betreffen breite Teile unserer Gesellschaft. Das Wort Heimat ist dabei ein Reizwort. Dabei geht es nicht um sachliche Bedingungen, sondern um persönliche, individuelle Erfahrungen.“ Heimat kennzeichne ein Gefühl der Angenommenheit und der Sicherheit und sei dabei kein einseitiger Akt. „Wir müssen uns Mühe und gegenseitig Zeit geben“, betont er. „Deshalb bleibt Integration eine schwierige Aufgabe, die noch zu leisten ist.“
Helmut Flötotto, Flüchtlingsbeauftragter des Bistums Münsters, ergänzt: „Nur wenn die Ankömmlinge die Hilfe bekommen, die sie benötigen, ist es leichter für sie, anzukommen.“

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