So war‘s an der Marienschule

Drei Generationen aus Xanten erzählen aus ihrer Schulzeit anlässlich des 200-jährigen Bestehens

XANTEN. Die Marienschule Xanten feiert in diesem Jahr ihr 200-jähriges Bestehen. Das Jubiläum ist Anlass den Blick zurückzuwerfen in die Schulgeschichte. Wer könnte das besser als Familie Hußmann, die mit fünf Generationen die Schulbänke der Mädchenschule drückte.  

Erlebten die Marienschule als Schülerinnen:  (v.l.: Sally Anni Hußmann, Gerda Hußmann und Anette Voigt. NN-Foto: Lorelies Christian
Erlebten die Marienschule als Schülerinnen: (v.l.: Sally Anni Hußmann, Gerda Hußmann und Anette Voigt. NN-Foto: Lorelies Christian

Gerda Hußmann erinnert sich: „Meine Urgroßtante Theodora van Bebber hatte von 1880 bis 1919 die Leitung der Schule, die damlas noch Höhere Töchterschule hieß. Sie war eine unglaublich strenge Frau, vor der wir alle kuschten. Meine Mutter Annie und deren Schwester Maria waren ebenfalls in der Schule, die dann unter Leitung der Heiligenstädter Schulschwestern stand und als Mittelschule anerkannt wurde. Tante Maria wurde später Nonne. Ich selbst habe die Schulzeit zwischen 1949 bis 1955 miterlebt. Ich erinnere mich, dass wir vor Schulbeginn die Dachpfannen anreichen mussten, damit das Dach geflickt werden konnte. Hosen durften wir seinerzeit nicht tragen, nur im Winter mit einem Rock darüber. Es war alles sehr streng geregelt, doch wir haben sehr viel fürs Leben gelernt.“

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Hier nicken Tochter Annette Voigt und Enkelin Sally Anni Hußmann, auch wenn die Unterrichtsfächer sich geändert haben. Wahlfächer wie Haushaltspflege, Kochen, Gesundheitslehre, Textiles Gestalten und Werken hat es zu allen Generationen gegeben.

Erinnerungen werden wach bei Gerda Hußmann: An den Mathematikunterricht bei Schwester Germana, nur bei Gewitter wurde gebetet statt gerechnet. Theo Ternierßen hatte als Musiklehrer einen schweren Stand bei den 31 jungen Damen. Kaplan Kersten brachte die Mädels beim Religionsunterricht zum Lachen, das musste aber heimlich passieren, daher wurde das Schlüsselloch mit einem Tuch abgedichtet. Im Aufklärungsunterricht brachte Schwester Helena den Mädchen bei, mindestens einen Meter Abstand zum männlichen Geschlecht zu halten. Und dann gab es noch  „Miss“ Grüning im Englischunterricht.
Das ist das Stichwort für Tochter Annette, die inzwischen Voigt heißt, und von 1970 bis 1976 die Marienschule besuchte. „Miss Grüning war unsere Klassenlehrerin. Sie war Lehrerin mit Leib  und Seele, wir waren wir ihre Kinder. Sie machte sehr anschaulichen Unterricht, ihre Devise war es, uns alles be-greif-bar zu machen. Ihr Erdkunde-Unterricht war unglaublich spannend, weil sie die ganze Welt bereist hatte und uns von überall her Typisches mit in den Unterricht bringen konnte und viele Dias zeigte. So sahen wir erstmals Kiwis aus Australien, das habe ich nie vergessen. Später bin ich Grundschullehrerin geworden und habe die Art des Unterrichtens von Miss Grüning übernommen.“ Doch nicht nur in beruflicher Hinsicht wurde Annette geprägt vom Schulleben. „Der christliche Glaube war in der Schule immer spürbar. Ich habe dort ein tragfähiges Fundament für mein Leben erhalten und immer das Gefühl gehabt, dass sich die Lehrer auch um unser Seelenheil gekümmert haben.“

Erinnerung an 1971: Schwester Irmenlind (geborene Maria Leenen) besuchte mit ihrer Schwester Annie Hußmann (r.) die ehemalige Direktorin der Marienschule Schwester Agnes (von 1921 bis 1960). Mit dabei sind Tochter Gerda Hußmann (Mitte hinten) und Enkelinnen Susanne und Annette – drei Generationen Marienschülerinnen.  Foto:  privat
Erinnerung an 1971: Schwester Irmenlind (geborene Maria Leenen) besuchte mit ihrer Schwester Annie Hußmann (r.) die ehemalige Direktorin der Marienschule Schwester Agnes (von 1921 bis 1960). Mit dabei sind Tochter Gerda Hußmann (Mitte hinten) und Enkelinnen Susanne und Annette – drei Generationen Marienschülerinnen. Foto: privat

Da nicken Gerda Hußmann und auch Enkelin Sally wieder, die genauso empfinden. Sally war von 1999 bis 2005 Marienschülerin. „Ihr durftet keine Hosen tragen und ihr später keine Minikleider“, fasst sie die Erinnerungen von Oma und Tante zusammen und ergänzt: „Und wir durften nicht bauchfrei erscheinen. Wer es wagte bekam im Sekretariat ein XXL-T-Shirt, das sie den ganzen Tag tragen und am nächsten Morgen gewaschen wieder abgeben musste. Mit dem Handy durften wir uns auch nicht erwischen lassen, das wurde dann bis zum nächsten Tag einkassiert.“ Sie erinnert sich daran, wie die „Kleinen“ die Zehntklässlerinnen beneidet haben, weil die im Rosengarten die Pause verbringen durften, während alle anderen auf den großen Hof vor der Schule geschickt wurden. „Es wurde großer Wert auf Pünktlichkeit gelegt, wir hatten beim  Begrüßen den ganzen Namen der entsprechenden Person zu nennen und vor dem Unterrichtsbeginn wurde gebet“ – generationenübergreifendes Nicken – ja, so war‘s schon immer.

„Alle erlernten zunächst Blockflöte und durften später ein Musikinstrument aussuchen, das sie spielen wollten. Ich durfte  dann die Erste Stimme Trompete in der Big Band bei Herrn Menskes spielen. Einmal im Monat bei den Schulmessen traten wir auf und besonders toll waren immer die Sommer- und Weihnachtskonzerte, zu denen unglaublich viele Besucher kamen.“ schwärmt Sally.
Während sich Gerda Hußmann noch an viele Schulschwestern erinnern kann, waren bei Tochter Annette nicht mehr so viele im Einsatz. So zum Beispiel Schwester Radegund in der Schulleitung (1966 bis 1972) und als Mathematiklehrerin („Sie schenkte mir nach einer Fünf in der Mathe-Arbeit Schokolade, weil ich so unendlich traurig war“ – Erinnerung von Annette), und auch Schwester Maria Angelina, die gerade gestorben ist. In ihrem Nachruf stand: „Sie war ein froher Mensch, der gerne anderen eine Freude bereitete. Sie besaß eine zärtliche Liebe zur Natur…“ „Das kann ich voll bestätigen“, stimmt Annette zu und Gerda Hußmann kannte sie sogar noch als Schülerin der oberen Klasse.

„Miss“ Helene Grüning  (l.) mit ihrer Klasse im September 1942, sie prägte von 1935 bis 1976 das Schulleben wesentlich mit. Foto: Schule
„Miss“ Helene Grüning (l.) mit ihrer Klasse im September 1942, sie prägte von 1935 bis 1976 das Schulleben wesentlich mit. Foto: Schule

Schwester Simone  war von 1976 bis 2014 tätig und die letzte Ordensfrau an der Schule. Bei Sally gab sie Biologieunterricht. Sie war geachtet und beliebt bei den Mädchen, weil sie im Unterricht zwar streng war, aber immer den „ganzen“ Menschen im Auge behielt und förderte.
So ist es, wenn Marienschülerinnen zusammensitzen: Sie schwelgen in Erinnerungen. Von den einst 31 Schülerinnen bei Gerda Hußmann kommen immer noch 17 sehr regelmäßig zu den Klassentreffen und haben sich viel zu erzählen. „Das starke Gefühl der Schulgemeinschaft habe ich an der Marienschule erlebt und in keiner anderen Schule später so ausgeprägt angetroffen“, sagt Annette Voigt und wieder einmütiges Kopfnicken der Familienmitglieder.

Die Marienschule möchte allen Ehemaligen die Chance zum Austausch und Auffrischen von Erinnerungen geben. Rektor Michael Lemkens kündigt an: „Am 6. Mai werden wir ein großes Festzelt aufstellen. Bischof Genn wird den Gottesdienst halten. Herr Wermke bereitet eine Ausstellung mit vielen Fotos, Dokumenten und Unterlagen aus der 200-jährigen Schulgeschichte vor, die sicherlich für alle Gäste sehenswert ist. Außerdem gibt es ein Ehemaligentreffen für die Jahrgäng, die älter sind als von 1967 am 13. Oktober in unserer Schule. Wir hoffen, dass sich viele angesprochen fühlen und uns besuchen. Alle Informationen zum Jubiläumsjahr  stehen auch auf unserer Internetseite www.marienschule-xanten.de.

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