Zählen und genauer prüfen

Geschützer Sonntag: Gewerkschaft Verdi schaut den Kommunen bei Ladenöffnungszeiten auf die Finger

NIEDERRHEIN. Wenn es um den Schutz der Sonn- und Feiertage geht, versteht die Gewerkschaft Verdi keinen Spaß. Spätestens seit der Absage des „VOS“ in Oberhausen für den kommenden Sonntag ist dies deutlich geworden. Die NN haben sich umgehört, wie sich dies auf die offenen Sonntage am Nieder­rhein auswirkt.

Die Auswirkungen der Rechtsprüfungen zur Genehmigung der verkaufsoffenen Sonntage beklagen Curd Louis Dahlmann, Geschäftsführer der Dahlmann self GmbH und Co. KG mit Märkten in Kempen, Straelen, Kevelaer und Kleve, und Bereichsleiter Werner Kersjes für ihre Branche. NN-Foto: Nina Meyer
Die Auswirkungen der Rechtsprüfungen zur Genehmigung der verkaufsoffenen Sonntage beklagen Curd Louis Dahlmann, Geschäftsführer der Dahlmann self GmbH und Co. KG mit Märkten in Kempen, Straelen, Kevelaer und Kleve, und Bereichsleiter Werner Kersjes für ihre Branche.
NN-Foto: Nina Meyer

Verdi beruft sich auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 11. November 2015, das die Anforderungen an die Zulassung von Sonntagsöffnungen deutlich definiert hat, und setzt sich dafür ein, dass diese „Grundsatzentscheidung“ künftig auch auf Zulassungen von Sonntagsöffnungen nach Paragraph 6 des Ladenöffnungsgesetzes NRW anzuwenden sein werde. Demnach muss eine Ladenöffnung an Sonn- und Feiertagen an einen Markt oder eine Messe gebunden sein, darf aber alleine nicht mehr Besucher anziehen als diese „Hauptveranstaltung“. Zudem müssen die „Anlassveranstaltung“ und die geöffneten Geschäfte in unmittelbarer räumlicher Nähe liegen. Schwierig wird es, sobald der Markt weniger Fläche belegt als die Verkaufsfläche der geöffneten Geschäfte. Gegebenenfalls – das macht Verdi in einem Schreiben vom 11. Oktober 2016 an die Verwaltungschefs, Landräte und Vertreter der kommunalen Spitzenverbände in NRW, das den NN vorliegt, deutlich – behalte man sich vor, „den verfassungsrechtlich vorgegebenen Schutz der Sonn- und Feiertage gerichtlich durchzusetzen“.
Was das für eine Stadt wie Xanten bedeutet, erläutert Tobias Fuß, Fachbereichsleiter Bürgerservice, Sicherheit und Ordnung der Stadt Xanten, auf Anfrage der NN: „Wir sind jetzt zur Rechtsprüfung gezwungen und müssen eine Prognose abgeben, ob die Geschäftsöffnungen nur eine untergeordnete Rolle spielen hinsichtlich der Besucherzahlen bei einem Fest. Zum Beispiel wissen wir, dass der Ostermarkt in Xanten sehr gut besucht wird, auch wenn kein verkaufsoffener Sonntag ist, weil er auch schon stattfand, ohne dass die Geschäfte geöffnet hatten. In diesem Jahr sind wir gezwungen, Zählungen durchzuführen, damit wir diese im nächsten Jahr vor der Genehmigung zugrunde legen können. Schwieriger als in der Innenstadt wird es für Gewerbegebiete, da diese ein Gewerbeparkfest auf die Beine stellen müssen und wir auch dann eine Prognose abgeben müssen, ob die Leute aufgrund des Festes kommen oder weil sie vordergründig einkaufen möchten. Dazu sind wir verpflichtet, um uns nicht angreifbar zu machen, die Gewerkschaften haben das im Auge.“
Die Auswirkungen dieser Rechtsprüfungen beklagen Curd Louis Dahlmann, Geschäftsführer der Dahlmann self GmbH und Co. KG mit Märkten in Kempen, Straelen, Kevelaer und Kleve, und Bereichsleiter Werner Kersjes für ihre Branche. Denn mit ihren Bau-, Garten- und Möbelmärk­ten gehören sie zum klassischen „Bestand“ der Gewerbegebiete. Innerhalb ihrer Mitarbeiterschaft stellen sie eine große Akzeptanz der jährlich maximal vier verkaufsoffenen Sonntage fest. Gleichzeitig fürchten sie neben dem Umsatz- auch einen Imageverlust. Dahlmann: „Die Kunden sind gewohnt, dass wir uns an den verkaufsoffenen Sonntagen beteiligen. Wenn unsere Märkte zu bleiben, heißt es: ‚Das haben die nicht mehr nötig.‘“ Als „unfair“ bezeichnet Kersjes zudem den „Wettbewerbsvorteil“ für den niederländischen Einzelhandel, für den die Sonntage grundsätzlich verkaufsoffen sind. „Hier in der Grenzregion wandert unser  Umsatz dann ab nach Holland, oder in den Online-Handel“, führt er aus. Für die Dahlmann/self-Märk­te sehe er nur die Möglichkeit, neue Konzepte zu erarbeiten, um einen Beitrag zu den Veranstaltungen zu leisten, der eine Sonntagsöffnung rechtfertigen könnte. Curd Louis Dahlmann: „Wir werden alle Möglichkeiten ausnutzen, die es gibt.“
Der Pressesprecher der Stadt Rees, Jörn Franken, sieht – ebenso wie der Leiter des Ordnungsamtes, Frank Postulart – das Reeser Stadtfest sowie das Rheinfest im Rahmen der Vorgaben und betont, dass es im übrigen wichtig sei, bezüglich weiterer Veranstaltung (auch in den Ortsteilen) mit den Werbegemeinschaften im Gespräch zu bleiben und sich über Möglichkeiten auszutauschen.
Ein gelungenes Beispiel liefert der Werbering Geldern, der morgen mit seinem ersten „Drachen- und Feuerfest“ samt verkaufsoffenem Sonntag Premiere feiert. Werbering-Geschäftsführer Gerd Lange: „Nachdem der Stadtrat die Veranstaltung beschlossen hat, bekamen wir auch eine schriftliche Stellungnahme von Verdi. Hier lobte die Gewerkschaft unsere Idee und schrieb sinngemäß, dass die Veranstaltung Vorbildcharakter habe, weil sie zur Geschichte der Stadt passe und so auch eine Sonntagsöffnung rechtfertige.“

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