Gerd Lange sagt „Tschüss“

Am Freitag hat Gelderns „singender Marketingchef“ seinen letzten Arbeitstag

GELDERN. Er nennt sich selbst einen „Vertreter des Chaosprinzips”, der am besten funktioniert, wenn die Dinge nicht ganz glatt laufen. Dann läuft er zur Höchstform auf. Und wo er auftaucht, ist er nicht zu überhören. Denn meistens hat Gerd Lange ein Mikro in der Hand. Gelderns „singender Marketingleiter” rührt seit 42 Jahren mit vollem (Stimm-)Einsatz die Werbetrommel für seine Stadt. Er hat eine eigene Schlager-CD veröffent­licht und war als erster Gelderner Karnevals­prinz in Veert. Er ist bereits seit 20 Jahren Ehrenbürger von Gelderns Partnerstadt Bree und seit vielen Jahren im Werbering-Vorstand aktiv. In den vergangenen vier Jahrzehnten hat der Geldrianer das Stadtleben mit unzähligen Veranstaltungen, Aktionen und Ideen maßgeblich geprägt. Seiner Initiative verdanken die Gelderner beispielsweise auch die Wiedereinführung des GEL-Kennzeichens. Am Freitag hat Gerd Lange seinen letzten Arbeitstag im Gelderner Rathaus. Dann verabschiedet sich der 61-Jährige noch einmal mit einem Paukenschlag in die passive Altersteilzeit. Dass er jetzt aber ganz gewiss nicht das Mikro aus der Hand legt, erzählt er im NN-Interview.

Der „Breese Stoep­luiper“ gehört zu den Erinnerungsstücken, die Gerd Lange mitnimmt, wenn er am Freitag zum letzten Mal Feierabend macht. NN-Foto: nm
Der „Breese Stoep­luiper“ gehört zu den Erinnerungsstücken, die Gerd Lange mitnimmt, wenn er am Freitag zum letzten Mal Feierabend macht. NN-Foto: nm

Herr Lange, in 42 Jahren bei der Stadt Geldern haben Sie erfolgreich für Leben und Stimmung in der Innenstadt gesorgt. Was waren die wichtigsten Stationen auf Ihrem Weg?

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Gerd Lange: Ich habe 1974 als Stadtinspektor-Anwärter hier begonnen. Bereits 1979 war ich zusammen mit Heinz-Theo Angenvoort für die Organisation der 750-Jahr-Feier zuständig. Das war mit dem historischen Festumzug, dem längsten Geburtstagkuchen und der größten Kaffeekanne der Welt eine spektakuläre Geschichte, die sogar ins Guinnessbuch der Rekorde kam. Aber vor allem haben wir in dem Jahr den ersten Straßenmalwettbewerb ausgerufen und der ist und bleibt mir auch in Zukunft eine Herzensangelegenheit. Mein Weg durch die Verwaltung führte über das Sozial­amt, wo ich die ersten Flüchtlinge aus Pakistan betreut habe, und das Ordnungsamt, wo ich die Umstellung von Karteikarte auf EDV erlebt habe. Parallel dazu war ich Band-Manager der Gelderner Gruppe LAVA, die 1985 den Nachwuchslöwen von Radio Luxemburg gewonnen hat. Im Hauptamt übernahm ich 1985 von Herbert Winnenburg die Abteilung 104 für Statistik, Wahlen, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit. Damals haben wir als erste im Kreis Kleve die Tourismusförderung angestoßen. Wir waren als erste auf Tourismus-Messen wie der ITB Berlin oder der Vakatiebeurs in Utrecht und haben das Gelderland als Radfahr-Region aufgebaut. Das war echte Pionierarbeit, weil man bei den Menschen hier erst ein Verständnis für Tourismus wecken musste. Später kam der Kulturbereich dazu und seit noch nicht allzu langer Zeit gibt es den Begriff Stadtmarketing.

Die Liste der erfolgreichen Veranstaltungen unter Ihrer Federführung ist lang. Darunter sind das Radrennen „Nacht von Geldern”, die Teilnahme an der Floriade 2012 in Venlo oder auch das 60. Bundesschützenköniginnentreffen 2015 in Walbeck. Was sind Ihre persönlichen Highlights?

Gerd Lange: Auf jeden Fall das Gelderland-Enduro, das 15 Jahre lang als schönstes Enduro-Rennen in Deutschland galt und nach seinem Ende im vergangenen Jahr schon so vermisst wird, dass wir über eine Version 2.0 nachdenken. Die Rescue Days 2013 in Geldern waren mit Teilnehmern aus 25 Nationen wie eine Olympiade. Wirklich stolz bin ich auf die Auszeichnung 2002 im Landes-Stadtmarketingwettbewerb „Ab in die Mitte” und den anschließenden Ritterschlag durch die Aufnahme in die Liste der „101 besten Marketing-Ideen”. Außerdem verstehe ich mich gerne als Vater der Walbecker Spargelprinzessinnen. 2000 konnte ich die Walbecker endlich von dieser Idee überzeugen. Seither übernehme ich die Vorstellung der Prinzessinnen und freue mich sehr, dass ich dies auch weitermachen darf. Darüber hinaus liegen mir unsere Städtepartnerschaften mit Bree und Fürstenberg sehr am Herzen und ich wünsche mir, dass diese auch in Zukunft bestehen bleiben.

Ein Abschied in aller Stille ist nicht Ihr Ding. Wie geht Ihr letzter Arbeitstag für Sie zu Ende?

Gerd Lange: Natürlich gibt es einen kleinen Ausstand im Rathaus. Aber vor allem freue ich mich auf die Nacht der Bands, mit dem am Freitagabend der Gelderner Sommer zu Ende geht. Es ist zwar Zufall, aber nachdem ich die Veranstaltung vor zehn Jahren ins Leben gerufen habe, ist das schon so eine Art persönlicher Abschied. Das ist die erste Bandnacht, die an einem Freitag stattfindet und keinen Eintritt kostet. Ab 19 Uhr geht es in sieben unterschiedlichen Gaststätten los und natürlich habe ich ein paar Leute eingeladen und wir werden ein Bierchen zusammen trinken.

Es heißt, dass Rainer Niersmann Ihr Nachfolger wird. Was geben Sie ihm mit auf den Weg?

Gerd Lange: Dazu kann ich natürlich nichts sagen. Der Stadtrat gibt seine Entscheidung erst morgen bekannt. Aber demjenigen, der das Amt übernimmt, wünsche ich, dass er wie ich jeden Tag mit Spaß zur Arbeit kommt, den Kontakt zur Bevölkerung hält und für die Menschen hier etwas macht. Ich finde, Geldern ist vor allem durch seine Veranstaltungen attraktiv.

Einen Gerd Lange im Ruhestand kann man sich kaum vorstellen. Wie geht es jetzt im neuen Lebensabschnitt für Sie weiter?

Gerd Lange: Mit meinem Riesennetzwerk hier in Geldern, am Niederrhein und darüber hinaus werde ich den Kollegen gerne weiterhin zuarbeiten. Und ich habe mich sehr gefreut, dass mich der Werbering gebeten hat, die Geschäftsführung noch weiterzumachen. Und hier habe ich noch einiges im Köcher. Wir werden ab 2017 die verkaufsoffenen Sonntage umstrukturieren und bereits am ersten Sonntag nach Neujahr mit dem ersten Gelderner Drachen- und Feuerfest beginnen. Außerdem bleibt mir die Organisation des geldernsein-Festivals wichtig. Rund um Haus und Hof gibt es sicherlich einiges zu tun. Und zusammen mit meiner Lebensgefährtin Nadja werde ich natürlich reisen. Eine verrückte Idee ist, dass ich die Straßenmaler auf ihrer Festival-Tournee durch die Welt begleite, nach Spanien, USA, Mexiko, Dubai… Auf jeden Fall freue ich mich, dass eine schöne aber auch anspruchsvolle Zeit nun zu Ende geht.

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