„Ich mache mir sehr viele Gedanken“

Migel Tommasi, früher wohnhaft in Weeze, hat sich dem Rap verschrieben - erste Platte und erstes Video sind auf dem Markt

WEEZE. Migel Tommasi (20) lässt sich nicht mehr runterziehen. Lange, zu lange, hat sein Handicap ihn beeinträchtigt. Dem jungen Weezer, der mittlerweile in Aachen lebt, geht es so, wie rund einem Prozent der Bundesbürger: er stottert. Heute wesentlich weniger als früher. Trotzdem oder vielleicht gerade deshalb hat er sich dem Rap verschrieben, denn wenn er rapt, ist er im „flow” und seine Sprache flüssig. Sein Studium der Fahrzeug- und Antriebstechnik in Aachen hat Migel Tommasi zugunsten seiner Musikkarriere erst einmal zurück gestellt.

Migel Tommasi will anhand seines Beispiels andere Menschen ermutigen, ihren Lebensweg zu gehen. Foto: Lennart Biesenbach
Migel Tommasi will anhand seines Beispiels andere Menschen ermutigen, ihren Lebensweg zu gehen. Foto: Lennart Biesenbach

Migel Tommasis Sprechbehinderung wurde in der siebten Klasse des Gymnasiums deutlich, erinnert er sich. „In den Pausen konnte ich flüssig sprechen, aber nicht im Unterricht”. Um sich nicht zu blamieren, weigerte er sich, seine Hausaufgaben vorzulesen. Das kam bei seinen Lehrer nicht gut an. Damals habe er sich von Lehrern und Mitschülern mehr Verständnis erhofft. „Die konnten wohl nicht nachempfinden, wie es mir ging”, erkennt er rückblickend. Laut der Bundesvereinigung „Stottern & Selbsthilfe” tritt Stottern „situativ auf und ist häufig abhängig von Anspannung und Erwartungshaltung, Gesprächspartner, von bestimmten Lauten und vielem mehr”.

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Migel Tommasi hadert nicht mit seinem Schicksal. Sein in den Jahren deutlich gestiegenes Selbstwertgefühl lässt das nicht mehr zu. Er weiß, was er kann, und findet: „Ich bin ein cooler Typ”. Mit Nebenjobs finanzierte er die Studioaufnahmen für seine erste Platte „Herzblut” (https://www.badaudiobasement.com/sound-of/migoffiziell/) und sein erstes Video, die kürzlich erschienen. Das Video wurde übrigens auf dem Gelände des Flughafens Weeze und auf der Rheinbrücke Emmerich gedreht. Weil Klappern bekanntlich zum Handwerk gehört, stellte er sein Erstlingswerk zahlreichen Radiostationen vor. „Mit Rapmusik – meist unzensiert und direkt – ist es eher schwer, im Radio gespielt zu werden, obwohl mein letztes Release – die Herzblut EP – sehr gut geeignet gewesen wäre”, meint Tommasi. Darum konzentriert er sich mehr auf die „Rapszene”. Sein jüngstes Video veröffentlichte er auf einer Rap-YouTube Plattform, um erstmal dort Fuß zu fassen (https://m.youtube.com/watch?v=ihWPglSrx98). Mit seinen Song „Gangsterfilm” und seinem Video will er polarisieren. „Ich spiele mit Klischees und provoziere bewußt mit Kriminalität, Sex und Gewalt”, erklärt Tommasi. „Privat konzentriere ich mich auf die positiven Dinge meines Lebens. Ich möchte mich weiterentwickeln, nicht stehen bleiben”. Er weiß sehr genau, wie hart das Musikgeschäft ist und dass sich nur Wenige dauerhaft darin behaupten. Zwei Jahre mindestens will er sich für seinen Start Zeit geben. In jüngster Zeit absolvierte er zwei Live-Auftritte im Eurogress Aachen anlässlich einer Berufs-Orientierungsmesse für Schüler. „ Das war eine sehr schöne Erfahrung, obwohl ich aus meiner Komfortzone heraus musste, was immer etwas ungewohnt und unangenehm ist”.

Auf die Unterstützung seiner Eltern kann er bei seiner Lebensplanung zählen, denn sie wissen, „dass ich niemand bin, der Dinge überstürzt. Ich mache mir sehr viele Gedanken”. Mehr unter www.facebook.com/MigOffiziell.

 

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