“Wir empfehlen, sich zu freuen!”

Das 33. Haldern Pop Festival startet am Donnerstag, 11. August.

HALDERN. Werbung muss nicht mehr gemacht werden. Die Karten sind – wie immer – längst ausverkauft. Lange steht fest, wer zu den „happy few“ beim Haldern Pop gehört. Trotzdem: Das Line-Up ist vollständig – die Planung der Musik ist also abgeschlossen, aber Haldern Pop ist mehr als drei Tage Musik. Gut, dass die Geschmäcker verschieden sind, denn bei fünf Spielstätten (Kirche, Pop Bar, Tonstudio Keusgen, Spiegelzelt, Hauptbühne) und parallel laufenden Konzerten würde die Sache für die glücklichen Kartenbesitzer noch schwerer, als sie eh schon ist. Wer sagt, dass ein Besuch beim Haldern Pop keine Arbeit ist? Natürlich: Die Sache macht Spaß, aber sie verlangt Entscheidungen.

„St. Paul & The Broken Bones“ aus den USA werden auf der Hauptbühne spielen. NN-Foto: HF
„St. Paul & The Broken Bones“ aus den USA werden auf der Hauptbühne spielen.
NN-Foto: HF

Das Entscheiden beginnt bei den Veranstaltern. Stefan Reichmann: „Wir haben in diesem Jahr die Kartenpreise angehoben. Da schauen sich die Leute das Line -Up ganz genau an und suchen nach großen Namen.“ Aber: Was sind schon große Namen? Und ab wann sind sie es? Haldern ist das Festival mit dem Riecher. Nicht wenige, die hier mehr oder weniger klein anfingen, sind anschließend „durch die Decke“ gegangen. Beispiel gefällig: Sam Smith.

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Jedes Jahr gibt es reichlich Gelegenheit, sich nach dem Erfolgsrezept des Haldern Pop zu fragen – nach den Zutaten. Stefan Reichmann: „Wir versuchen, ein Festival auf die Beine zu stellen, an dem wir Spaß haben.“ Das mag im ersten Augenblick reichlich egozentrisch klingen, aber beim Nachdenken stellt sich heraus: Hinter dieser Art, die Künstler auszuwählen, steckt Rückgrat. „Wir achten auf unsere ganz eigene Dramaturgie“, erklärt Stefan Reichmann.

Und die Halderner lassen sich selbst den Spielraum für Meinungsänderungen. Da kann es vorkommen, dass Reichmann beim Konzert eines Künstlers zuerst nicht wirklich begeistert ist und erst später beim nächsten das Potenzial entdeckt. Merke: Nicht einfach im ersten Urteil stecken bleiben. Bei 67 Namen im Line-Up kann nicht alles genannt werden, aber da sind schon ein paar Namen, bei denen Reichmanns Augen besonders leuchten. Michael Kiwanuka ist so ein Name. Reichmann: „Wir können nur empfehlen, sich zu freuen.“ Melanie de Biasio – auch so ein Name. Reichmann hält die Frau aus der Valonie für eine der coolsten Frauenstimmen, die man derzeit hören kann. Apropos hören: Natürlich ist das gesamte Line-Up unter haldernpop.com abrufbar. Zu allen Künstlern finden sich nicht nur Wörter sonden, gottseidank, auch Töne. Wer beim Festival nicht das Produktflimmern bekommen will, der sollte (noch ist reichlich Zeit) Hausaufgaben machen und – nach dem Vorhören – einen Plan. Natürlich ist nicht jedes Video, das auf der Seite abrufbar ist, repräsentativ … natürlich ist Live immer etwas anderes, aber: Eine Richtung gibt‘s schon.

[pull_quote_left]Wir achten auf unsere ganz eigene Dramaturgie.
Haldern Pop ist eine Art Perpetuum Mobile[/pull_quote_left]Haldern, auch das steht längst fest, stellt Dinge zur Verfügung, die es anderswo so nicht gibt. Das lockt Künstler und Publikum gleichermaßen an. Seit 2011 gibt es die Konzerte in der Kirche. Die Atmosphäre ist unglaublich: „Du brauchst bei den Konzerten in der Kirche kein Superstar zu sein, damit die Leute dir zuhören“, sagt Stefan Reichmann. „Haldern Pop“, sagt Reichmann auch, „ist eine Art Perpetuum Mobile.“ Einmal in Gang gesetzt, bewegt sich das Ding aus eigener Energie und erzeugt Fortbestehen. Was physikalisch nicht möglich ist, kann durch die Kombination von Begeisterung von Seiten der Künstler und des Publikums hergestellt werden.

Ein paar Neuigkeiten gibt‘s übrigens auch. Die Hauptbühne wird in diesem Jahr schon ab Donnerstag bespielt. Dafür entfällt die Byzanz-Stage der letzten Jahre. Die Sets in der Pop Bar dauern „nur“ 30 Minuten. „Natürlich ist da auch immer ein bisschen Luft drin“, sagt Stefan Reichmann. „Wenn die Bude bebt und zwei Zugaben kommen, dann geht das natürlich.“

Kann man Tipps geben? Man könnte, aber es macht viel mehr Spaß, sich durch das Angebot zu hören und den Fahrplan selbst festzulegen. Dass beim Haldern Pop 2016 mit „Go Go Pengiun“ ein Jazz-Trio an den Start geht, ist in jedem Fall erwähnenswert. Dass mit dem Berliner Chor „Catus Domus“ (in diesem Jahr zum 3. Mal dabei) ein Vokalensemble von unglaublicher Klangqualität an den Start geht, ist einer dieser Halderner Wunderbarkeiten. Die musikalische Bandbreite des Festivals wird, so hat es den Anschein, mit jedem Jahr breiter und – wer weiß – vielleicht heißt das Haldern Pop irgendwann einfach nur noch Haldern, denn so viel ist sicher: Der Nachname Pop umschreibt nur eingeschränkt den Inhalt dieser Wundertüte.

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