Das Leben in einem Jahr, in dem man erwachsener wird

Alejandro Terán aus Venezuela ist als Austauschschüler des Rotary Club Geldern in Kevelaer zu Gast

NIEDERRHEIN. Verständnis und Toleranz fremden Kulturen gegenüber möchte der Rotary-Jugendaustausch fördern. Beim Rotary Club Geldern ist derzeit der Austauschschüler Alejandro Terán aus Venezuela zu Gast. Er wohnt bei einer Familie in Kevelaer und geht dort auch zur Schule. Lena Danckwarth war als Rotary-Austauschschülerin in Brasilien, Fiona Huth in Ecuador und Anna Kühl wird nächsten Sommer „ihr Jahr” in Brasilien antreten. Die jungen Leute berichten von ihren Erfahrungen.

Erzählten von ihren Erfahrungen:  (v.li.): Fiona Huth, Anna Kühl, Alejandro Terán, Lena Danckwart mit Immo Danckwarth (hi.li.) und Hans Dieter Kahrl (hi.re.)NN-Foto:  Marjana Križnik
Erzählten von ihren Erfahrungen: (v.li.): Fiona Huth, Anna Kühl, Alejandro Terán, Lena Danckwart mit Immo Danckwarth (hi.li.) und Hans Dieter Kahrl (hi.re.)NN-Foto: Marjana Križnik

Am Niederrhein kann man prima Fahrradfahren, findet Alejandro. Dies sei daheim in Venezuela aufgrund der Berge eher schwierig. Erstaunlich, dass der 17-Jährige nach nur vier Monaten seines Rotary-Jugendaustauschs bereits in der Sprache seines Gastlandes plaudern kann. „Der Rotary-Jugendaustausch ist keine Sprachenschule, die meisten müssen von null auf hundert”, sagt Immo Danckwart, Jugendbeauftragter des Clubs, augenzwinkernd. „Es geht vorrangig darum, den Alltag im jeweiligen Gastland zu erleben und mit anderen Jugendlichen in Kontakt zu kommen”, ergänzt Hans Dieter Kahrl, Präsident des Clubs. Lena und Fiona, ihres Zeichens „Rebounds” – in der „Rotary-Sprache” Jugendliche die bereits einen Austausch hinter sich haben – waren während ihres Austauschs sehr viel mit anderen jungen Leuten in Kontakt. Dies erkennt man daran, dass ihre blauen Rotary-Jacketts – längst begehrte Andenkensymbole – übersäht sind mit Stickern, die andere Jugendliche daran befestigt hatten.

Ein Rotary-Austauschschüler ist ein Jahr lang in das Familienleben seiner Gastfamilie – üblicherweise sind dies drei aufeinander folgende – eingebunden und besucht die Schule. Lena Danckwarth berichtet: „Obwohl ich am Anfang die Sprache nicht konnte, wurde ich total klasse aufgenommen, nach zwei Minuten war ich in der Schule in der Klassengemeinschaft integriert.” Die Verständigung machte schnell Fortschritte: „Nach einem Monat habe ich bereits Sätze und nach drei Monaten sehr viel verstanden” erzählt die Schülerin. Lena sei auch mit ihrer Gastfamilie sehr glücklich gewesen, habe „viele Cousins und Cousinen” gehabt. Sie habe Reisen an den Amazonas, zu den Galapagos-Inseln und Städtereisen unternommen und sei sogar mit Piranhas geschwommen, erzählt Lena begeistert. „Die Gastfamilien kümmern sich rührend”, bestätigt auch Immo Danckwarth. Im Gegenzug verpflichten sich Gastfamilien, ebenfalls einen Gastschüler aufzunehmen. „Als Nebeneffekt belebt es den Alltag der Gastfamilien ungemein. Sagt man sonst, ‚man lernt fürs Leben‘, so sitzt das Leben dann quasi am Esstisch”, so Dankwarth augenzwinkernd. Für die Austauschschüler sei der Austausch nicht ein Jahr in ihrem Leben, sondern: „Das Leben in einem Jahr, in dem man erwachsener wird”, so Danckwarth. Für Fiona habe die erste „ihrer” drei Gastfamilien eine Willkommensparty veranstaltet und auch sie habe bereits nach zwei Monaten die Alltagssprache beherrscht und schöne Reisen unternommen. Was konnte die Schülerin aus der Zeit ihres Austauschs mitnehmen? „Meine Einstellung zu vielen Dingen, mein Weltbild haben sich geändert” berichtet Fiona.

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„Inbound” Alejandro hat beobachtet, dass die hiesigen Weihnachtsbräuche denen von daheim ähnelten. Als einen Unterschied zwischen der Kultur seines Gastlandes und seiner Heimat benennt der Jugendliche, dass Menschen sich bei der Begrüßung nicht umarmen. Alejandro hat bereits eine vom Club organisierte Tour durch sein Gastland hinter sich, die Städte Berlin, München und Hamburg haben ihm sehr gut gefallen. Weitere künftige Programm-Punkte sind unter anderem ein Karnevals-Wochenende und eine Europa-Tour in der Osterferien. Und wie sieht es mit Heimweh aus? „Du hast keine Zeit für Heimweh”, sagt Alejandro lachend. Denn mit den Gasteltern oder den Rotariern absolviert der Gastschüler ein umfassendes Kultur-Programm in der Region. Für Anna Kühl aus Kerken geht es als „Outbound” im kommenden Sommer nach Brasilien. Ihr Wunschziel sei Südamerika gewesen, berichtet die Realschülerin. Als einen wichtigen Tipp gibt ihr „Rebound” Fiona mit auf den Weg: „Lern‘ bitte vorher ‚Ich habe Hunger‘ auf portugiesisch.”

Zum Rotary-Schüleraustausch:

Der Rotary Club Geldern gehört zum Rotary Distrikt 1870, von Düsseldorf bis zum Westmünsterland. Ihm gehören 75 Clubs an, die jedes Jahr etwa 50 bis 60 Austauschschüler betreuen. Teilnehmen können Jugendliche von 16 bis 18 Jahren. Interessierte können sich mindestens ein Jahr vorab bei einem Rotary Club in ihrer Region für einen Austausch (Start jeweils August) bewerben. Rotary-Mitgliedschaft nicht erforderlich. Der Club prüft die Eignung mit einem Auswahlgespräch. Es erfolgt auch ein Gespräch mit der Familie, da diese sich ebenfalls verpflichtet, einen Gastschüler aufzunehmen. Der Teilnehmer zahlt den Flug, Unterkunft, Ausflüge und Taschengeld übernimmt der Rotary Club.

 

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