Alt sein: Wie fühlt sich das an?

Mitarbeiter des Katharinenhaues testeten einen Alterssimulationsanzug im Gelderner St-Clemens-Hospital

GELDERN/KEVELAER. Arme und Beine werden schwer, die Sicht ist eingeschränkt, der Blick trüb, die Ohren hören schlechter: Nur wer wirklich nachvollziehen kann, wie sich Menschen im Alter fühlen, kann sie wirklich gut im Alltag begleiten. Aus dieser Überzeugung heraus haben 24 Mitarbeitende des Katharinen-Hauses Winnekendonk, einem Seniorenhaus der Caritas für 40 ältere Menschen, mit einem Alterssimulationsanzug eine Selbsterfahrung der besonderen Art gemacht.

Mit Alterssimulationsanzügen erlebten Mitarbeiter des Katharinen-Hauses, unter welchen Bedingungen sich alte Menschen im Alltag zurecht finden. Archiv-Foto: Caritas
Mit Alterssimulationsanzügen erlebten Mitarbeiter des Katharinen-Hauses, unter welchen Bedingungen sich alte Menschen im Alltag zurecht finden.
Archiv-Foto: Caritas

Als Angelika Fedke, Leiterin des Katharinen-Hauses, von der Möglichkeit erfuhr, einen solchen Alterssimulationsanzug im Gelderner St.-Clemens-Hospital auszuprobieren, zögerte sie nicht lange. Gemeinsam mit Hans Tielen, Leiter der dortigen physiotherapeutischen Abteilung, ermöglichte sie ihren Mitarbeitenden einen in die Haut eines hochaltrigen Menschen. „Wir bekamen eine zehn Kilogramm schwere Weste umgelegt, außerdem schwere Manschetten umHals, Ellbogen und Knie. Das Gewicht zog ganz schön nach unten und die Beweglichkeit war sofort enorm eingeschränkt”, erinnert sich Iris Berns, Mitarbeiterin in der Hauswirtschaft des Katharinen-Hauses. Mit einem Kopfhörer wurde zudem Schwerhörigkeit erzeugt und unterschiedliche Brillen simulierten vielen bekannte Augenerkrankungen im Alter. Starre Überschuhe verhinderten ein Abrollen der Fußsohle und spezielle Handschuhe sorgten mit elektronischen Reizen für das Empfinden eines immer stärker werdenden Tremors.

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Derart ausgerüstet legten die Mitarbeitenden einen Parcours zurück, der über viele Treppen und ganz unterschiedliche Bodenbeschaffenheiten führte. „Bei dieser Erfahrung wurde mir noch klarer, wie wichtig es ist, im Umgang mit alten Menschen das Tempo zu drosseln”, beschrieb Iris Berns aus dem sozialen Dienst des Katharinen-Hauses ihre Eindrücke. Hilflosigkeit in einer viel zu schnellen Welt wurde da plötzlich am eigenen Leib spürbar. Vielen Mitarbeitenden, die an diesem Parcours teilgenommen haben, sind diese Erfahrungen noch sehr präsent, und sie erinnern sich noch genau an die Gefühle von Überforderung und Hilfsbedürftigkeit. Auch deshalb ist sich Angelika Fedke ist sicher, dass die Wirkung dieses Projektes noch lange anhält zum Wohle der Bewohner. „Ich erlebe, dass die Mitarbeitenden jetzt noch sensibler mit den Bewohnern umgehen”, sagt die Hausleiterin, „das beginnt schon damit, dass sie gerade jetzt in der dunklen Jahreszeit viel früher das Licht einschalten, damit es möglichst hell ist.” Kleinigkeiten zwar, die den älteren Menschen aber gleich viel mehr Lebensqualität verschaffen. „Das ist es, was wir alle gemeinsam erreichen wollen”, sagt Angelika Fedke und dankt zugleich den Mitarbeitenden, die sich teilweise sogar ihre Freizeit genutzt haben, um an dieser spannenden Erfahrung teilhaben zu können.

 

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