XANTEN.  Wenn Heinrich Kersjes vom Verein für Denkmalpflege Sonsbeck bei Führungen durch seinen Ort mit Schmunzeln erläutert: „Die Xantener hingen früher an Sonsbecks Tropf“, dann ist er beim Überbleibsel der Römischen Wasserleitung angekommen. Diese Mörtelrinne führte von der Sonsbecker Schweiz durch die Hees bis zur einstigen Römerstadt Colonia Ulpia Traina und versorgte die Bewohner mit Frischwasser. Die Ausstellung „Wasser für Roms Städte“ im LVR RömerMuseum Xanten zeigt eindrucksvoll die Technik zur Verlegung von Wasserleitungen, betrachtet besonders die Eifelwasserleitung und die Verwendung der Kalkablagerungen (Sinter) als Marmorersatz.

Zur Ausstellung im Kellergeschoss wurden Stellwände wie Brückenpfeiler aufgebaut, Maike Sieler (l.) und Marianne Hilke (r.) verweisen auf die Infotexte. Außerdem gibt es zahlreiche Originalfunde, Fotos und Modelle aus der Vermessungstechnik. NN-Foto: Lorelies Christian
Zur Ausstellung im Kellergeschoss wurden Stellwände wie Brückenpfeiler aufgebaut, Maike Sieler (l.) und Marianne Hilke (r.) verweisen auf die Infotexte. Außerdem gibt es zahlreiche Originalfunde, Fotos und Modelle aus der Vermessungstechnik.
NN-Foto: Lorelies Christian

Bis heute beeindrucken kilometerlange Wasserleitungen mit Brücken von bis zu 50 Metern Höhe wegen ihrer technischen Perfektion und Ästhetik. Wie mögen die antiken Baumeister vor fast zwei Jahrtausenden 100 Kilometer für die Wasserleitung nach Rom oder 95 Kilometer für die Leitung durch die Eifel nach Köln  ohne High-Tec-Geräte und doch mit hoher Präzision überwunden haben? Gelände mussten vermessen werden, Druckleitungen installiert, Tunnel gegraben und Leitungen zusammengefügt werden, die letztendlich eine Versorgungsmenge von 20 Millionen Liter pro Tag für Rom lieferten. Heutige Berrechnungen ergeben, dass in der Antike pro Kopf und Tag in Rom zwischen 370 und 450 Liter Wasser zur Verfügung standen – das ist rund zehn Mal mehr Trinkwasser als heute den Kölner pro Kopf zur Verfügung steht.
Es ist schon eine Kunst, die damals die Ingenieure behrrschten, denn bis heute gilt es, dass Gefälle 0,3 bis 0,5 Prozent angelegt sein müssen für den stetigen Wasserfluss. Daher kann man den Einsatz des rund sechs Meter langen Niveliergerätes Chorabat nur bewundern – es steht in rekonstruierter Form in der Ausstellung.
Museumspädagogin Marianne Hilke erläutert: „Obwohl aus der Antike keine Baupläne und Beschreibungen aus der Bauzeit bekannt sind, ist es den Fachleuten unserer Tage in einigen Fällen gelungen, die in den Bauwerken steckenden Ingenieursleistungen nachzuvollziehen. So konnte die Einteilung der Fernleitungstrassen in kurze Baulose inzwischen archäologisch belegt werden, und dank der Rekonstruktion römischer Vermessungsinstrumente konnten die Methoden der mit unglaublicher Genauigkeit durchgeführten Gefälleabsteckungen ermittelt werden.“
Maike Sieler hat ebenfalls an der Präsentation der Xantener Ausstellung mitgewirkt, die ursprünglich vom „Wasserleitungspapst“ Prof. Klaus Grewe vom LVR-Amt für Bodendenkmalpflege im Rheinland für Köln konzipiert wurde. Sie liebt besonders die Leihgabe aus München, ein Modell einer Aquädukt-Brücke, die in Spanien gebaut sein könnte mit Löwenköpfen als Wasserspender. Sie ist auch stolz auf viele Fundstücke aus Xanten, die normalerweise auch in der Dauerausstellung gezeigt werden.
Faszinierend sind die Spuren, die im Laufe der Jahrhunderte zur Entdeckung der antiken Wasserleitungen – auch in Xanten – führten.
Ein gutes Auge braucht man, um im Schmuckstein der Romanik Kalksinter (Ablagerungen in den Leitungen) zu entdecken, den man als „Aquäduktmarmor“ in Kirchen wiederfindet, wie zum Beispiel in St. Ursula Köln, aber auch in Dänemark und Großbritannien. Wunderschöne Exemplare, auf denen die Wellenbewegungen des Wassers noch zu sehen sind, können in der Ausstellung bewundert werden.
Zur Vertiefung des spannenden Themas gibt es ein Buch mit dem Titel „Aqädukte – Wasser für Roms Städte“ von Klaus Grewe (Preis 29,95 Euro).  Der  Autor wird als Experte bei der Sonntagsführung im RömerMuseum am 14. Februar und beim Vortragsabend am 7. März erwartet.
Die Ausstellung läuft bis zum 5. Juni 2016 (bis Ende Ende Februar täglich geöffnet  von 10 bis 16 Uhr, ab 1. März von 9 bis 18 Uhr).

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