Bei seinen Recherchen ist Dirk Roos auf alte Tagebücher von Wolfgang Buff gestoßen. NN-Foto: Anastasia Borstnik

REES. Eigentlich wollte Dirk Roos nur mehr über seinen Großvater Fritz Roos erfahren.  Bei seiner Recherche stieß er dann auf das „Tagebuch Ost – Vor Leningrad“ von Wolfgang Buffs. Und er stellte fest: Hier gibt es viele Gemeinsamkeiten zwischen dem Soldaten aus Nierswalde und seinem Großvater.

Dirk Roos´ Großvater, Fritz Roos, müsste einigen Reeser Bürgern noch gut im Gedächtnis geblieben sein, denn er war viele Jahre Hausmeister der Berufsschule Sahlerstraße, Kirchenschweizer der St. Maria Himmelfahrt-Kirche in Rees, Tambourmajor des Reeser Tambourcorps und nicht zuletzt auch „Rhinkieker“. Als Dirk Roos gerade neun Jahre alt war, verstarb er und hinterließ viele Fragen bei seinem Enkel.
Viele Jahre passierte erst einmal nichts, doch vor knapp fünf Jahren sah Dirk Roos eine Reportage über den Weltkrieg und das war der Anlass, mit der Recherche über seinen Großvater zu beginnen. Gerade weil die Großmutter und auch andere Verwandte ihm nicht viel erzählen konnten, wurde er immer neugieriger, was sein Großvater seinerzeit erlebt hat. Gerade die beiden Weltkriege, an denen Fritz Roos teilgenommen hat, fand er spannend. „Großvater hat nie über die Geschehnisse im Krieg erzählt. Selbst wenn in einer Kneipe über den Krieg erzählt wurde, schwieg er, bezahlte und ging“, erzählt Roos.
Seine Recherchen begangen bei der Wehrmachtsauskunftstelle, die ihm nach einer längeren Wartezeit sagen konnten, wo sein Großvater gedient hat und wo er eingezogen wurde: Bei der 227. Infanterie-Division, die im August 1939 in Krefeld aufgestellt wurde.
Als er diese Daten im Internet eingab, stieß er auf das Tagebuch „Tagebuch Ost – Vor Leninggrad“ von Wolfgang Buff. „Während der Lektüre bemerkte ich viele Parallelen zum Leben meines Großvaters: Wolfgang Buff war nicht nur in derselben Infanteriedivision, auffällig war vor allem die gleiche christliche Grundeinstellung“, berichtet Roos.
Wolfgang Buff kam aus Nierswalde und hatte sein Elternhaus in der heutigen Reichswaldklinik.  Er besuchte das Hindenburg-Gymnasium (Heute Freiherr-vom-Stein-Gymnasium) in Kleve und wollte anschließend Theologie studieren. „Er und viele andere Niederrheiner, genau wie mein Großvater, wurden aber am ersten Tag der Mobilmachung eingezogen“, weiß Roos. Zuerst ging es nach Krefeld, von wo aus die Soldaten erst in die Eifel zur Grenzsicherung mussten. Danach wurde die 227. Infanterie nach Westfalen verlegt und von dort aus marschierten sie von Holland bis nach Frankreich, wo sie eine Weile blieben, bevor es dann per Zug nach Leningrad ging. Hier haben sie an der Belagerung teilgenommen, in der Buff am 1. September 1942 gefallen ist. „Er wurde beim Versuch, einen russischen Soldaten aus dem Zaun zu holen, missverstanden und daraufhin getötet“,  erfuhr Ross vom Bruder des Verstorbenen, dem 90-järhigen Joachim Roos, der in Osterode im Harz lebt und mit dem er noch in Kontakt steht. Mit ihm gemeinsam schaute er sich auch die anderen Tagebücher des Gefallenen an und entschied, die handschriftlichen Tagebücher abzutippen. Der Bruder war so begeistert davon, dass nun auch ein zweites Buch „Von der Eifel zur Normandie“ publiziert werden konnte.
„Die Geschichte, die man in der Schule lernt, bekommt damit ein neues Gesicht: persönlicher und intimer“, sagt er. „Buff hat immer versucht, pflichtbewusst sein Ding zu tun. Gleichzeitig vergaß er aber nicht, dass er eine Verantwortung als Mensch habe.“
Roos´ Großvater hingegen geriet auf dem Rückweg in die Heimat in amerikanische Gefangenschaft und kam nach dem Krieg ins Durchgangslager nach Weeze. „Als festgestellt wurde, dass er nicht nationalsozialistisch geprägt war, durfte er gehen“,  sagt der 49-jährige Krankenpfleger in Rees. Er weiß auch, dass sein Großvater sehr ungeduldig war: Eigentlich sollte am nächsten Morgen nach Bekanntgabe der Entlassung ein Bus die Soldaten nach Hause bringen, aber er marschierte bereits am Vorabend mit einem Kameraden von Weeze nach Rees. Die Großmutter, die in die Bauernschaft Helderloh bei Haldern evakuiert war und davon erfuhr, kehrte mit den Kindern sofort wieder nach Hause. Was Roos von seinem Großvater aber in Erinnerung geblieben ist, ist die Frage, warum er jedes Jahr zur Ostermesse in Gerleve in Münster fuhr. „Wir haben nie rausgefunden, warum. Ob er ein Gelübte abgelegt hat?“, fragt sich sein Enkel. Und ob sich Roos und Buff jemals begegnet sind, bleibt ebenfalls eine offene Frage, die die beiden Soldaten mit ins Grab genommen haben.
Das Buch „Von der Eifel zur Normandie“ von Wolfgang Buff gibt es zum Preis von 12,50 Euro  unter anderen in der Bücherecke in Rees zu kaufen. Die Erstauflage beträgt 500 Exemplare.

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