“Eingehängt” – ein Interview mit Peter Meyer

KLEVE. Die Puhdys sind Teil des musikgeschichtlichen Inventars der Republik. Seit 45 Jahren ist die Band im Einsatz. 1988/89 verabschiedete sich die Band mit einer großen Abschiedstournee. Aber wie es so ist: Niemals geht man so ganz.
Die Band kam 1992 wieder zusammen. Jetzt steht ein neuer Abschied an. Am Donnerstag, 15. Oktober, ist die Band in der Klever Stadthalle zu Gast. Peter Meyer ist ein Puhdy-Urgestein. Seit 1965 ist er dabei und spielt Keyboard und Saxofon. Am Telefon meldet er sich mit „Eingehängt“.

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NN: Die Herkunft des Bandnamens ist geklärt. Er leitet sich aus den Anfangsbuchstaben der Urbesetzung ab: Peter Meyer, Udo Jacob, Harry Jeske, Dieter Hertramp: PUHDys. Aber woher kommt eingehängt?
Meyer: Es gibt zwei Versionen dieser Geschichte. Ich erzähle Ihnen die Kurze. Ich bin ja nun schon fast 100 und melde mich seit vielen Jahren am Telefon mit „Eingehängt“. Alle Freunde und Bekannte wissen damit umzugehen und die anderen legen auf. Irgendwann hat sich das dann verselbständigt, und inzwischen bin ich eben „Eingehängt“. Die längere Version finden Sie in unserem Buch „Abenteuer Puhdys“ ab Seite 85.
NN: Es gab schon einmal eine Abschiedstournee der Puhdys. Die fand 1988/98 statt. 1992 gab es die „Wiedervereinigung“. Jetzt also folgt die zweite Abschiedstournee. Machen Sie das mit einem lachenden und einem weinenden Auge?
Peter Meyer: Also erst einmal hatten wir das 1988/89 mit dem Abschied wirklich ernst gemeint. Es gibt ja viele, die aufhören, um wieder anzufangen. Wir hatten damals 20 Jahre hinter uns und 20 Millionen Platten verkauft, waren in ungefähr 20 Ländern unterwegs und vieles begann, sich im Kreis zu drehen. Also haben wir gesagt: Wir machen einen Punkt und spielen eine Abschiedstournee. Wir sind dann zusammen mit den Lords durch Deutschland gezogen und haben aufgehört … und dann kam die Wende. Alles war neu. Die Leute  fragten: „Warum spielt ihr nicht mehr?“ Wir hatten damals ja auch schon 20 Jahre Westerfahrung. Da haben wir dann gesagt:  Okay, jetzt mischen wir noch mal mit. Was Ihre Frage nach der Traurigkeit betrifft, ist es so: Wir spielen ja noch so viele Konzerte und haben so viel zu tun, dass dieser Gedanke noch gar nicht bei uns angekommen ist. Wir haben kaum Zeit zum Nachdenken und Traurigsein. Ich denke aber, wir werden das im Lauf der Tour noch lernen.
NN: Bei einer Abschiedtournee kommt das Publikum – wahrscheinlich mehr noch als sonst –, um die alten Hits zu hören. Als Musiker möchte man aber auch Neues spielen. Ensteht da ein Druck?  
Meyer: Ich will das gar nicht als Druck bezeichnen. Ich denke, wir haben das imme r ganz gut hingekriegt. Wir haben ja allein nach der Wende schon wieder mehr als 20 CDs gemacht. Da sind dann Titel wie „Hey, wir woll‘n die Eisbärn sehen“ – das kennen die Leute ins ganz Europa. Wir haben es aber immer geschafft, die neuen Titel – wie soll ich sagen – geschickt unterzumischen und Konzerte so zu gestalten, dass sie aus alten und neuen Titeln bestehen. Es ist natürlich logisch, dass man die Hits einfach spielen muss. Spannend ist ja auch, dass die Leute alle unsere Titel mitsingen – und sie singen es jedes Mal anders.
NN: Haben Sie eigentlich schon in Kleve gespielt?
Meyer: Ich weiß es nicht. Bei sowas müssen sie meinen Kollegen Quaster fragen. [Dieter „Quaster“ Hertrampf, Gitarre und Gesang]. Ich denke aber, dass wir noch nicht in Kleve gespielt haben. Ich kann mich nicht erinnern.
NN: Wo sitzen denn die treuesten Puhdys-Fans?
Meyer: Wir sind natürlich ‚im Osten‘ flächendeckend populär. Da kennt uns wirklich jeder – speziell in solchen Gegenden wie Dresden. Berlin – da sind natürlich auch viele internationale Gäste, die uns nicht gleich erkennen. Im Westen kennt man uns natürlich auch, aber da gibt‘s bestimmt noch ein paar schwarze Löcher – da kann es schon sein, dass wir nicht ganz so bekannt sind.
NN: Sie haben diese Frage wahrscheinlich 1.000 Mal gehört: Was macht man nach 46 Jahren Musik? Geht man da einfach in Rente oder werden Sie weiter Musik machen und wenn ja – was sind die Pläne?
Meyer: Also das ist ganz unterschiedlich. Maschine zum Beispiel will noch eine Solo-CD machen [Dieter „Maschine Birr“, Gesang und Gitarre]. Quaster hat zwei Söhne, die auch Musik machen, seine Tochter singt – der will also ein Projekt mit der Familie machen …
NN: Nun haben Sie ja auch einen Sohn, der Bassist ist …
Meyer: Mein Sohn und Maschines Sohn haben ja zusammen die Band „Bell, Book & Candle“. Die haben den Hit „Rescue me“ rausgebracht. Der Sohn vom Quaster hat eine Band, und mein Enkel auch. Die Freundin von meinem Sohn ist die Sängerin von „Bell, Book & Candle“ und wir haben auch schon vor einigen Jahren gemeinsame Konzerte gemacht …
NN: … da gibt es also ein richtiges Netzwerk.
Meyer: Genau.
NN: Sie haben ja ein großes Stück Musikgeschichtmiterlebt. Was sind die größten Unterschiede, wenn sie heute und damals vergleichen?
Meyer: Wir können heute quasi online mit unseren Fans kommunizieren.
NN: Es gibt auf Ihrer Internetseite die Möglichkeit, über das beste Album oder den besten Hit abzustimmen. Fließt das in die Tourneeplanung ein?
Meyer: Natürlich schreiben uns die Fans und äußern ihre Meinung, aber das Programm, das wir jetzt machen, hat sich – natürlich auch mit Hilfe der Fans – so entwickelt, dass es optimal ist. Es ist, wie schon erwähnt, eine Mischung aus Neuem und Altem. Veränderungen hat es in der langen Zeit – wir spielen ja seit 46 Jahren zusammen – sehr viele gegeben. Als wir mit dem Produzieren anfingen, hatten wir Vier-Spur-Aufnahmen. Heute stehen nahezu unbegrenzt viele Spuren zur Verfügung, was an den Möglichkeiten des Computers liegt. Natürlich hat sich auch die Musik verändert. Als wir anfingen, gab es keinen Rapp. Jede Generation hat natürlich ihre ganz eigene Musik. Zwischendurch gab es die Neue Deutsche Welle. Da haben wir auch ein bisschen was gemacht. Da denke ich beispielsweise an den Titel TV-Show. Wir haben da schon eine ganze Menge Veränderungen miterlebt, haben aber letzten Endes immer unsere Rockmusik gemacht. Wir haben ja mit Covers angefangen – haben Sachen von Uriah Heep gespielt, von den Stones und Deep Purple. Erst dann kamen unsere eigenen Sachen. Die klangen dann noch so ähnlich, aber mit der Zeit haben wir unseren eigenen Ton entwickelt.
NN: Wie hält man sich für eine anstrengende Torunee fit?
Meyer: Na ja – ich gehöre also nicht zu den Leuten, die Kraftsport machen oder Joggen gehen. Ich fahre gemütlich mit dem Rad zum Einkaufen und ich schwimme jeden Tag. Es gibt natürlich Kollegen, die joggen richtig viele Kilometer. Der Klaus rennt mit seinem Hund, Maschine fährt auch mit dem Rad. Quaster macht richtig Kraftsport. Ich fühle mich wohl mit dem, was ich mache.
NN: Hat man bei einer Tournee eigentlich Zeit, sich eine Stadt anzusehen?
Meyer: Früher schon. Da waren wir zum Teil in der Sowjetunion fünf Tage in einer Stadt. Wir sind zum Baikalsee gefahren und haben uns den angesehen. Jetzt spielen wir eigentlich nur an den Wochenenden. Das hat den Vorteil, dass man in der Woche Zeit zum Ausruhen hat und freut sich dann auf das nächste Konzert. Viel Zeit, sich Dinge anzusehen, bleibt dabei allerdings nicht. Man kommt mittags an, macht den Soundcheck – abends ist Konzert und am nächsten Tag geht‘s weiter.
NN: Heutzutage ist Musik überall. Es gibt kein Wartezimmer und keine Kinotoilette ohne Musik, in Kaufhäusern und Geschäften ist Musik und in Einkaufsstraßen hängen draußen Lautsprecher. Verliert Musik durch ihre Allgegenwart an Wert, weil das Besondere verlorengeht?
Meyer: Man kann das sicherlich nicht pauschal mit Ja beantworten, aber natürlich ist es schön, wenn manchmal auch mal keine Musik ist. Ich war kürzlich bei einer Party, wo keine Musik gespielt wurde. Irgendwann sagte dann eine Bekannte: „Irgendwas ist hier total angenehm, aber ich weiß nicht, was es ist.“ Das ist ja vielleicht auch manchmal ganz gut.
NN: Hören Sie Musik, wenn Sie zuhause sind, oder ist es eher still?
Meyer: Ich bin sehr viel im Auto unterwegs. Zuhause gucke ich sehr viel Fernsehen. Ich bin Krimi-Fan. Im Auto höre ich Musik nur ganz gezielt. Da will ich dann eine bestimmte CD, ein bestimmtes Stück hören.
NN: Sie sind Krimi-Fan. Was sehen Sie am liebsten?
Meyer: Also montags SOKO 5113, dienstags SOKO Köln, mittwochs SOKO Wismar …
NN: … alles klar. Wir sehen uns dann beim Konzert.
Meyer: Na, das will ich doch hoffen.

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