Bis auf den letzten – erlaubten– Platz war das Goli Kino am Donnerstagabend besetzt. NN-Foto: CDS

GOCH. Welcher Film wäre so spannend gewesen, dass 200 Gocher bereit sind, zweieinhalb Stunden im Kino zu sitzen?“ Prof. Dr. Jakob Lempp, der die Podiumsdiskussion der drei Bürgermeisterkandidaten Bettina Trenckmann (SPD), Ulrich Knickrehm (BürgerForumGoch – BFG) und Heinz van Baal (CDU) im Goli Theater moderierte, freute sich über das große Interesse der Bürger. Denn, so der Politikwissenschaftler: „Demokratie heißt nicht nur wählen gehen!“

Die Zuhörer erlebten eine Diskussion, die zunächst mit der obligatorischen Vorstellrunde startete und sich dann mit Themen wie der Rolle des Bürgermeisters, mit den Finanzen der Stadt, den Menschen in Goch und abschließend mit Fragen aus dem Publikum beschäftigte.

-Anzeige-

Gar nicht so weit auseinander lagen die drei Kandidaten bei ihrer „Arbeitsplatzbeschreibung“. Heinz van Baal sieht den Bürgermeister als Manager der Verwaltung, der sich auf seine Fachbereichsleiter stützt, die Finanzen im Blick hat und erkennt, welche Bedürfnisse in der Stadt bestehen. Und: „Zum Amt gehört hier und da auch ein gewisse Bescheidenheit“. Diese Themen hat auch Ulrich Knickrehm im Blick, aber er ordnet die Rolle des Bürgermeisters eher als Repräsentant der Stadt nach innen und außen ein, der verpflichtet sei, sich den Anliegen der Bürger zu widmen. Ein Aspekt, den übrigens alle drei Kandidaten betonen. Ulrich Knickrehm unterstrich, dass ein Bürgermeister auch unpopuläre Entscheidungen nach außen kommunizieren müsse: „Damit sie auf fruchtbaren Boden und Verständnis stoßen“.

Für Bettina Trenckmann sind die Menschen das Wichtigste. Sie will als Bürgermeisterin auch „nach innen“ wirken und Gespräche mit den Mitarbeitern in der Verwaltung führen, die hoch qualifiziert seien, aber „irgendetwas scheint zurzeit nicht richtig zu laufen“, so ihre Feststellung. Einig waren sich alle drei, dass der künftige Bürgermeister nicht in erster Linie für „seine“ Partei, sondern für alle Menschen in Goch arbeitet. „Konsens“ ist das Stichwort.

Leidenschaftlicher wurde die Debatte beim Thema Finanzen. Heinz van Baal und Ulrich Knickrehm rechneten sich gegenseitig vor, wann welche Fraktion Entscheidungen blockiert habe; wer mit wem nicht habe reden wollen und wieso die Stadt Goch nun mit einer solch hohen Verschuldung dastehe. Bettina Trenckmann betonte, dass man hier nicht „rückwärts gewandt“ diskutieren solle, der Rat sei vor einem Jahr gewählt worden und man müsse nun auf einen Kompromiss hinarbeiten. „Egal, wer von uns Bürgermeister wird: Man muss da sparen, wo es gerade eben geht“, stellte Ulrich Knickrehm fest. Wenn er gewählt würde, stünde ein „Kassensturz ohne Tabus“ auf der Agenda. Weitere Belastungen seien bei den Vereinen nicht mehr möglich, meinte dagegen Heinz van Baal; Bettina Trenckmann zählte Aufgaben der Stadt auf, die nicht dem Spardiktat geopfert werden sollten: städtische Jugendarbeit, ärztliche Versorgung, ÖPNV und Nahversorgung.
Wo sehen die drei Kandidaten Goch im Jahr 2020 – fünf Jahre nach ihrer möglichen Wahl?

Ulrich Knickrehm wünscht sich, dass sich die Stadt dann „finanziell gefangen“ hat, dass sich das Gelände der ehemaligen Reichswaldkaserne wie erhofft entwickelt hat, dass Leerstände beseitigt, und Arbeitsplätze geschaffen wurden und der Tourismus ausgebaut ist. Heinz van Baal hofft ebenfalls auf stabile, ausgeglichene Stadthaushalte, ein blühendes neues Stadtviertel, in dem sich junge Familien ansiedeln möchten, und darauf, dass sich das Image von Goch wieder zum Positiven wandelt. Bettina Trenckmann ist zuversichtlich, dass dann das Vertrauen der Bürger in Verwaltung und Politik wieder hergestellt ist. Ein lebendiger Innenstadtkern und ein belebter Marktplatz und attraktive Wohnbebauung ließen die Gocher dann spüren, dass etwas für sie getan werde.

Bettina Trenckmann, Ulrich Knickrehm und Heinz van Baal nutzten die Gelegenheit, um ihre Ideen für Goch darzustellen. NN-Foto: CDS
Bettina Trenckmann, Ulrich Knickrehm und Heinz van Baal nutzten die Gelegenheit, um ihre Ideen für Goch darzustellen. NN-Foto: CDS

Im Vorfeld der Diskussion konnten die Zuhörer ihre Fragen an die Kandidaten auf kleine Zettel schreiben, die dann eingesammelt  wurden. Die Frage nach einer möglichen Windkraftanlage im Reichswald brannte vielen Besuchern auf den Nägeln. Hier trennten alle drei Kandidaten klar zwischen persönlicher Meinung und den Möglichkeiten des Bürgermeisters, dagegen vorzugehen. Persönlich sind sie alle gegen den Bau der riesigen Windräder, doch den Einfluss, den sie als Gocher Stadtoberhaupt nehmen könnten, schätzten sie als eher gering ein.

Ein Dauerbrenner-Thema sind die Parkgebühren in Goch, hier vor allem der Anwohnerparkausweis, der mit 175 Euro pro Jahr zu Buche schlägt. Mit anständiger Kommunikation hätte man hier eine bessere Lösung erreichen können, so Bettina Trenckmann; nun habe sich völliger Widerstand gegen die Gebühren entwickelt. Ulrich Knickrehm stellt nicht die Parkraumbewirtschaftung an sich in Frage, räumte aber ein, dass bei der Umsetzung Fehler gemacht worden seien. „Kostenloses Parken wird es aber nicht mehr geben“, stellt er fest, „sollte ich Bürgermeister werden, werde ich mich auch nicht für einen 30-Euro-Anwohnerparkausweis einsetzen, das ist nicht angemessen.“ Heinz van Baal erteilte kostenlosem Parken in der Gocher City ebenfalls eine Absage; er würde  die Anwohner zu einer Diskussion einladen und hören, was sie für das Parken aufwenden wollen. Aber: „Die Parkgebühren waren ein Ratsbeschluss, der muss durch einen neuen aufgehoben oder verändert werden.“

Dafür, dass die Podiumsdiskussion eine spannende Möglichkeit war, die Kandidaten näher kennen zu lernen, sprach die Tatsache, dass auch nach der kurzen Pause, vor der Fragerunde, die Ränge im Kinosaal wieder voll besetzt waren.

Vorheriger ArtikelVier Tage lang feiern mit Königin Gitti I. und Prinzgemahl Ludger
Nächster ArtikelWas kommt im Kreis Wesel alles auf den Tisch?